BERLIN. Die Zahl der Kirchenasylfälle ist im ersten Halbjahr 2018 erneut gestiegen. Wie aus einer Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage des AfD-Abgeordneten Stephan Brandner hervorgeht, wurden dem Bundesamt für Asyl und Flüchtlinge (Bamf) zwischen Januar und Juni 972 Fälle von Kirchenasyl gemeldet. Ein solcher Fall kann jedoch auch mehrere Personen umfassen.
Die Konfession der aslygewährenden Kirche wird allerdings ebensowenig erfaßt, wie Religionszugehörigkeit, Alter, Geschlecht oder die Herkunft der Asylsuchenden. 2017 waren es 1.561 solcher Fälle. Im Jahr zuvor wurde von Mai bis Dezember 631 mal Kirchenasyl gewährt. Eine statistische Erfassung gibt es erst seit Mai 2016.
Absoluter Spitzenreiter ist Bayern. In keinem anderen Land gab es so viele Fälle von Kirchenasyl wie im Freistaat. So wurde hier zwischen Juli 2017 und Ende Juni dieses Jahres 544 mal Kirchenasyl gewährt. Auf Platz 2 lag Nordrhein-Westfalen mit 401 Fällen, gefolgt von Berlin und Hessen mit 215 beziehungsweise 202 Fällen. Die geringste Anzahl wiesen hingegen Baden-Württemberg (29) und Bremen (35) auf.
Brandner: Kirchenasyl untergräbt Rechtsstaat
Immer wieder kommt es dazu, daß bei Asylsuchenden, die aus einem anderen EU-Mitgliedsstaat nach Deutschland eingereist sind und laut Dublin-Regelung zurückgeschickt werden könnten, während ihrer Aufenthaltszeit im Kirchenasyl die Überstellungsfrist abläuft. Diese endet sechs Monate nach der Einreise. Dann kann das ursprüngliche Ersteinreiseland die Rücknahme des Asylsuchenden verweigern, und Deutschland wird automatisch für dessen Verfahren zuständig. Dies war zwischen dem 1. Januar 2017 und dem 30. Juni dieses Jahres 2.237 mal der Fall. Hinzu kamen noch 187 Verfahren, die sich in der Bearbeitung befinden.
Brandner fordert nicht zuletzt deshalb ein entschiedeneres Vorgehen gegen die Regelung des Kirchenasyls. Den Kirchen warf er vor, den Rechtsstaat zu untergraben. „Als große finanzielle Profiteure der Flüchtlingskrise liegt es natürlich in ihrem Interesse, die Anzahl der Asylbewerber in Deutschland auf einem möglichst hohen Niveau zu halten. Der Staat darf dies unter keinen Umständen tolerieren und muß entschieden dagegen vorgehen“, sagte er der JUNGEN FREIHEIT. In diesem Zusammenhang solle auch die Verflechtung zwischen Staat und Amtskirchen, wie es bei der Kirchensteuer oder der Besoldung von Pfarrern und Bischöfen der Fall sei, überdacht werden.
Innenministerium reagiert
Die Bundesregierung hat laut ihrer Antwort an Brandner bereits auf die steigende Zahl der Kirchenasylfälle reagiert. So habe das Bundesinnenministerium einen Erlaß herausgegeben, nach dem das Bamf angewiesen ist, seit dem 1. August die Verfahren beim Kirchenasyl umzustellen. Dabei soll sich die Behörde auf eine Regelung aus der Dublin-III-Verordnung berufen.
Dementsprechend kann die Überstellungsfrist auf 18 Monate verlängert werden, sollte nicht innerhalb eines Monats nach der Kirchenasylmeldung eine Begründung eingehen. Gleiches gilt, wenn die Meldung des Kirchenasyls so kurz vor dem Ablauf der sechsmonatigen Überstellungsfrist erfolgt, daß eine inhaltliche Überprüfung durch das Bamf nicht mehr möglich ist. (krk)