Ein bißchen Druck hier, eine kleine Einschüchterung dort. Eine Drohung zu passender Zeit, ergänzt um vermeintlich gutgemeinte Warnungen. Wer dann nicht hören will, bekommt die Konsequenzen zu spüren: Boykottaufrufe, Blockaden, Demonstrationen, Störaktionen. So wünscht sich das Bündnis „Aufstehen gegen Rassismus“ den Kampf gegen die AfD.
Damit dieser auch möglichst wirkungsvoll verläuft, hat die vom Verfassungsschutz beobachtete Kampagne nun eine „Aktionsanleitung“ mit dem Titel „So stoppen wir die AfD“ veröffentlicht. Ausgerufenes Ziel: „Bundestag Nazifrei“. In der 40seitigen Broschüre bietet das Bündnis verschiedene „Aktionsideen“ zur Bekämpfung der AfD sowie zur Verhinderung ihres Wahlkampfs.
Sollte die AfD eine Veranstaltung planen, sei es sinnvoll, den Besitzer des Veranstaltungsorts davon zu überzeugen, der Partei die Räumlichkeiten zu kündigen – eine „Zusammenarbeit mit der lokalen Antifa“ sei hierbei oft „lohnenswert“.
Druck auf Gastwirte
Es könne zudem wirkungsvoll sein, gegenüber dem Verpächter anzukündigen, daß man sich verpflichtet sehe, „Protest zu organisieren“, wenn die AfD ihre Veranstaltung abhalten dürfe. Man solle dem Gastwirt zwar klarmachen, daß nicht er, sondern die AfD das primäre Ziel der Kampagne sei, jedoch: „Wer sich in dieser Situation aber schützend vor die AfD stellt, muß Kritik und Protest ertragen.“
Der Druck könne noch erhöht werden, indem man öffentlich skandalisiere, daß die AfD eine Bühne erhalte. Das sei insbesondere über Leserbriefe und Kontakte zu Lokalzeitungen sowie über die sozialen Netzwerke möglich.
Kommt es dennoch zu Veranstaltungen, sollen diese gestört werden. „Vielleicht schafft Ihr es, Euch mit ein paar oder sogar richtig vielen Leuten in die Veranstaltung hineinzuschummeln. Drinnen könnt Ihr z.B. mit Zwischenrufen, Sprechchören, einer versteckten Bluetooth-Box, Trillerpfeifen oder auch Taschen-Alarmen an Helium-Ballons Lärm machen und damit für Ablenkung sorgen oder sogar die Veranstaltung komplett verhindern“, heißt es in der Aktionsanleitung ganz unverblümt.
Aufforderung, Veranstaltungen zu stören
Gestört werden sollen auch Veranstaltungen wie Podiumsdiskussionen, zu denen Vertreter der AfD eingeladen werden. Auch hier müsse man aber zuerst versuchen, den Veranstalter davon zu überzeugen, den Teilnehmer der AfD wieder auszuladen. Funktioniert das nicht, könne man die Veranstaltung blockieren. Funktioniert auch das nicht, „lohnt es sich vielleicht, auf humorvolle oder solidarische Art zu stören“.
Und zwar wie folgt: „Vielleicht ertönt immer dann, wenn die Person von der AfD sprechen will, eine Lärmstörung oder eine Musik, die ihn oder sie verunsichert, veralbert oder enttarnt.“
Wenn es nach dem Bündnis geht, darf für die AfD kein ungestörter Wahlkampf möglich sein. Zwar ist das ein grundgesetzlich geschütztes Recht, aber: „Eine undemokratische Partei kann auch nicht ihre vermeintlichen demokratischen Rechte einfordern, ohne Widerspruch zu akzeptieren.“
„Entweder die AfD ist Opfer oder wir“
Bedenken, daß der AfD so eine Opferrolle zukomme, zerstreuen die Verfasser mit einer simplen Logik. Zum einen werde es in diesem Konflikt ohnehin Opfer geben. Und hier sei nur eines entscheidend: „Entweder die AfD ist Opfer oder wir.“ Zum anderen könne man „stolz darauf sein, daß Rassist*innen und Nazis in diesem Land ‘Opfer’ von friedlichen Protesten, Blockaden und zivilem Ungehorsam werden“.
Konkret bedeutet das, Wahlkampfstände der AfD zu behindern. Ziel müsse es sein, daß sich niemand mehr an den Infostand traue oder zu ihm gelange. Deswegen solle der Wahlstand umzingelt oder abgesperrt werden. „Stellt Euch einfach um den Stand herum. Ob in Form einer Menschenkette, mit einem Transpi in den Händen, das die AfD quasi einwickelt oder ob Ihr einfach als Menschentraube davor steht – solange Ihr als AfD-Gegner*innen erkennbar seid, wird sich niemand Unentschlossenes dem AfD-Wahlkampfstand nähern.“
Führende SPD- und Grünen-Politiker unterstützen Kampagne
Möglich sei es auch, den Stand mit einem rot-weißen Band abzusperren und so als „Tatort Rassismus“ zu kennzeichnen. Hierfür bietet das Bündnis ein „Aktionskit“ für zwölf Euro an. „Da ist alles drin, was Ihr braucht.“ Enthalten ist in dem Kit eine Warnweste mit dem Aufdruck: „AfD? Rechte Hetze fachgerecht entsorgen!“, ein blauer Sack, mit dem man sich neben den Stand stellen und die Passanten auffordern könne, „den rassistischen Müll“ zu entsorgen, Absperrband, Aufkleber, Flyer und Trillerpfeifen.
Neben der Zusammenarbeit mit gewaltbereiten linksextremen Gruppen wie der Interventionistischen Linken, dürften es gerade solche Broschüren sein, die den Verfassungsschutz veranlaßt haben, „Aufstehen gegen Rassismus“ zu beobachten. Die Landesämter Baden-Württemberg und Schleswig-Holstein führen das Bündnis sogar in ihren aktuellen Jahresberichten.
Das hindert führende Politiker von SPD und Grünen aber nicht, die Kampagne zu unterstützen. Neben den Grünen-Spitzenkandidaten Katrin Göring-Eckardt und Cem Özdemir finden sich auf der Unterstützerliste von „Aufstehen gegen Rassismus“ auch die Namen von Mecklenburg-Vorpommerns Ministerpräsidentin Manuela Schwesig und Bundesfamilienministerin Katarina Barley (beide SPD).
Und auch SPD-Vize Ralf Stegner hat den Aufruf unterzeichnet. Dessen Beteiligung an der Aktion ist aber nur konsequent. Schließlich hatte Stegner bereits früher zum Kampf gegen die AfD aufgerufen. „Fakt bleibt, man muß Positionen und Personal der Rechtspopulisten attackieren, weil sie gestrig, intolerant, rechtsaußen und gefährlich sind“, schrieb der SPD-Politiker im Mai 2016 auf Twitter.