Die Kommunalpolitische Vereinigung (KPV) gehört sicher nicht zu bekanntesten innerparteilichen Organisationen der CSU. Das bedeutet nicht, daß sie ohne Einfluß wäre. Im Gegenteil. Etwa 15.700 Mitglieder hat diese Arbeitsgemeinschaft, nahezu alle wichtigen kommunalen christsozialen Mandatsträger in Bayern gehören ihr an, darunter sieben Bezirkstagspräsidenten, 52 Landräte, 25 Ober- und fast tausend Bürgermeister. Innerhalb der Bundestagsfraktion stellen die KPV-Mitglieder fast 60 Prozent der Unionsabgeordneten.
Bei derlei Vernetzung ist es schon verwunderlich, auf wie wenig öffentliche Resonanz die jüngste Landesversammlung Anfang September in München stieß. Vor allem vor dem Hintergrund, daß die CSU-Mandatare, denen zuvor der Ministerpräsident und Parteichef Horst Seehofer seine Aufwartung gemacht hatte, mit nur einer Gegenstimme einem Antrag zugestimmt haben, der die von Seehofer propagierte Obergrenze für Asylbewerber überflüssig machen würde.
180-Grad-Wende der aktuellen Politik
Der Beschluß im Wortlaut: „Allen aus einem sicheren Drittstaat, wie z.B. Österreich nach Deutschland einreisenden Nicht-EU-Ausländern, die nicht über die erforderlichen Paß- oder Visa-Dokumente verfügen, muß die Einreise nach Deutschland gemäß Art. 16 a Abs. 2 Grundgesetz und § 18 Abs. 2 Nr. 1 Asylgesetz verweigert werden. Die Bundesregierung wird aufgefordert, unverzüglich für einen lückenlosen Gesetzesvollzug zu sorgen.“
Inhaltlich gibt der Antrag zwar nur die geltende Rechtslage wieder; faktisch bedeutet dies im Klartext eine Obergrenze von null. Die Umsetzung des Antrags liefe also auf eine 180-Grad-Wende der aktuellen Politik hinaus. Auch in einem weiteren Punkt sprachen sich die Christsozialen von der kommunalen Basis für eine rechtliche Verschärfung aus.
„Vereine und sonstige Organisation, die zur illegalen Einreise in die EU oder zu rechtswidrigen Verhinderungen von Abschiebungen aufrufen oder sogar Anstiftung bzw. Beihilfe zur illegalen Einreise leisten, müssen durch die zuständigen Innenminister verboten werden. Sie dürfen zumindest nicht Empfänger von staatlichen Mitteln sein. Ein etwaiger Gemeinnützigkeitsstatus muß entzogen werden.“
Keine öffentlichen Reaktionen
Reaktionen aus der CSU-Spitze waren bisher nicht öffentlich vernehmbar. Wird der Antrag also wirkungslos in den Schubladen verschwinden? Wenn es nach Initiator Thomas Jahn vom antragstellenden KPV-Bezirksverband Schwaben geht, nicht. „Die Kommunalpolitiker der CSU haben mit ihrem Antrag auf lückenlose Grenzsicherung klargemacht, daß wir einen Stop der immer noch unkontrollierten Zuwanderung brauchen, nicht nur eine Obergrenze“, betont der Vorsitzende der CSU-Stadtratsfraktion von Kaufbeuren gegenüber der JUNGEN FREIHEIT.
Daran sehe man, daß die Aufnahmekapazitäten der Städte und Gemeinden erschöpft sind, so Jahn. Sein Antrag, den auch der Bezirksverband Schwaben unterstützt, wird daher auch auf dem CSU-Parteitag im November „nahezu inhaltsgleich eingebracht“, kündigt der CSU-Kommunalpolitiker gegenüber der JF an. Spätestens dann werden sich auch die Parteispitze und der Ministerpräsident in dieser Frage positionieren müssen.