BERLIN. Das Berlin-Institut für Bevölkerung und Entwicklung hat in einer Untersuchung vor einer Zuspitzung der Konflikte im Nahen Osten und in Nordafrika gewarnt. Sollte die Region nicht befriedet werden, drohten neue Flüchtlingswellen. „Die Krisen, die uns heute beschäftigen, werden sich eher verschärfen“, prognostizierte einer der Autoren der Studie, Reiner Klingholz. Der Grund sei der deutlich höhere Zuwachs von Erwerbsfähigen im Vergleich zur Zahl der Arbeitsplätze.
Demnach hätten nur 40 Prozent der Erwerbsfähigen einen Arbeitsplatz, obwohl mehr als ein Drittel der Bevölkerung einen Abitur- oder Hochschulabschluß besäßen. Der Nahe Osten und Nordafrika (Mena-Region) hätten schon jetzt die höchste Jugendarbeitslosigkeit und die niedrigste Frauenerwerbsquote weltweit.
Fünf Millionen Kräfte drängen jährlich auf den Arbeitsmarkt
„In den kommenden 15 Jahren drängen jährlich fast fünf Millionen zusätzliche Kräfte auf den Arbeitsmarkt“, sagte Klingholz. Wenn diese Menschen keine Perspektive zu erwarten hätten, werde die Zahl der Asylsuchenden weiter ansteigen. Zudem leide die Mena-Region unter einem besonderen Paradoxon. Das Risiko von politischer Instabilität und Unruhen steige, je größer die Zahl der höher gebildeten Menschen im erwerbsfähigen Alter sei.
Normalerweise sorgten junge Menschen, die für den Arbeitsmarkt qualifiziert seien und eine Chance auf eine Stelle hätten, für Wachstum und Stabilität. Außerdem entschieden sie sich für weniger kinderreiche Familien. In der Mena-Region funktioniere das allerdings nicht. Den Ländern im Nahen Osten und Nordafrika gelinge es nicht, die immer größer werdende Zahl von besser qualifizierten Erwerbsfähigen für die Volkswirtschaft einzusetzen. (ls)