BERLIN. Ein Gutachter am Europäischen Gerichtshof hat die Vorratsdatenspeicherung als rechtswidrig charakterisiert. Damit steht die EU-weite Richtlinie und die geplante Neufassung in Deutschland auf der Kippe.
Das am Donnerstag in Luxemburg veröffentlichte Rechtsgutachten legt eine Verkürzung der Speicherfristen nahe. Die anlaßlose Speicherung von Telefon- und Internetverbindungsdaten der Bürger zu Fahndungszwecken sei unvereinbar mit der EU-Charta der Grundrechte, heißt es darin laut Medienberichten.
Als Vorratsdatenspeicherung wird die anlaßlose Sammlung von Kommunikationsdaten aller Nutzer durch Behörden oder Firmen bezeichnet. Die wichtigsten Informationen, die sich dadurch nachvollziehen lassen, sind: Wer kommuniziert mit wem? Und wo hält sich ein Anschlußteilnehmer wann auf (Bewegungsprofil)?
2010 hat das Bundesverfassungsgericht ein entsprechendes nationales Gesetz für verfassungswidrig erklärt, weil es die Privatsphäre grundlos einschränke. Union und SPD haben sich trotz des Urteils vor kurzem in ihrer Koalitionsvereinbarung auf eine Wiedereinführung der Vorratsdatenspeicherung verständigt. Eine Neuauflage des Gesetzes wird durch die Einschätzung des Gutachters nicht wahrscheinlicher. Da die Gerichte oft den Gutachtern folgen, wird nun mit einem Urteil gerechnet, das Vorratsdatenspeicherung EU-weit untersagt. Das Urteil wird aber erst in mehreren Monaten erwartet.
Noch-Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) twitterte metaphorisch: „Die Vorratsdatenspeicherung ist auf europarechtlichem Treibsand gebaut.“ (rg)