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Lobbyismus: Im Dienst der Vereinigten Staaten

Lobbyismus: Im Dienst der Vereinigten Staaten

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Lobbyismus
 

Im Dienst der Vereinigten Staaten

Vor 60 Jahren wurden eine der mächtigsten Lobby-Organisationen in Deutschland gegründet. Die Atlantik-Brücke vereint einflußreiche Politiker, Geschäftsleute und Journalisten. Dabei haben solche informellen Verbindungen die offizielle Gewaltenteilung längst zur Theaterkulisse degradiert.
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Cato, Palmer, Exklusiv

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Atlantik Brücke: Exklusiver einflußreicher Club Foto: www.atlantik-bruecke.org/

Im altehrwürdigen Magnus-Haus in Berlin gegenüber der Museumsinsel befindet sich seit 1999 die Zentrale der Atlantik-Brücke. Im selben Haus hat auch Altbundespräsident Richard von Weizsäcker sein Büro. Nebenan patrouillieren Polizisten, dort wohnt Kanzlerin Angela Merkel. Die räumliche Nähe ist zufällig, aber auch symbolisch und zugleich praktisch. Denn Weizsäcker wie Merkel sind Mitglieder dieses transatlantischen Clubs.

Die Atlantik-Brücke bezeichnet sich als überparteilich, gemeinnützig und privat. Bescheiden verlautet sie, ihr Ziel sei es, „eine Brücke zwischen Deutschland und den Vereinigten Staaten zu schlagen. Im Mittelpunkt ihrer Aktivitäten steht das Bemühen um ein besseres gegenseitiges Verständnis“. Große Worte hat die Atlantik-Brücke nicht nötig.

Eingeweihte wissen, daß es sich um einen der exklusivsten und einflußreichsten Vereine in Deutschland handelt. Die Atlantik-Brücke zählt rund 500 Mitglieder aus Politik, Wirtschaft, Militär und Medien. Zutritt erhält man nicht durch Bewerbung, sondern durch Empfehlung. Die Atlantik-Brücke gibt sich im Unterschied zu den Bilderbergern (JF 25/12) transparent, doch ihre Wirkung erzielt auch sie vor allem durch diskretes und informelles Handeln.

Bündelung proamerikanischer Kräfte

Gegründet wurde sie 1952 in Hamburg. Die Idee, die proamerikanischen Kräfte in der Atlantik-Brücke zu bündeln, zu koordinieren und mit den amerikanischen Eliten zu vernetzen, stammte vom Bankier Eric M. Warburg. Unterstützung fand er beim amerikanischen Hochkommissar John McCloy. Zu den Gründungsmitgliedern zählten die Zeit-Journalistin Marion Gräfin Dönhoff und Helmut Schmidt. Gleichzeitig wurde als amerikanische Komplementär-Organisation der American Council on Germany ins Leben gerufen. Dessen bekanntestes Mitglied ist Ex-Außenminister Henry Kissinger.

Die Atlantik-Brücke betätigt sich als Forum, Netzwerk und Denkfabrik. Sie organisiert Tagungen, Austauschprogramme, Vorträge und Hintergrundgespräche. Bundespräsident Joachim Gauck gehört dazu, auf der Liste stehen Führungskräfte aus Banken und Konzernen, Spitzenpolitiker der maßgeblichen Parteien und bekannte Medienvertretern: der Fabrikant Arend Oetker, der Unternehmensberater Roland Berger, der Springer-Vorstandsvorsitzende Mathias Döpfner, ZDF-Moderator Theo Koll, Zeit-Herausgeber Josef Joffe und der Zeit-Journalist Matthias Naß, der auch bei den Bilderbergern mitmischt.

Zahlreiche Mitglieder des Auswärtigen Ausschusses im Bundestag treffen sich hier, so der Vorsitzende Ruprecht Polenz und Philipp Mißfelder (beide CDU). Polenz tritt vehement für eine türkische Mitgliedschaft in der Europäischen Union ein, was den Wünschen der Vereinigten Staaten entspricht. Vor diesem Hintergund ist es interessant, daß er sich im September 2011 im Magnus-Haus mit türkischen und amerikanischen Politikern zu einem „Arbeitsfrühstück“ traf.

Özdemirs Stipendium

Neben natürlichen Personen sind auch Institutionen und Unternehmen vertreten, etwa der Daimler-Konzern, die Deutsche Bank, Goldman Sachs, und der American Jewish Congress. Die Atlantik-Brücke ist eng verbunden mit der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik (die als eine Kopie des amerikanischen Originals gegründet wurde), mit der Initiative Neue soziale Marktwirtschaft oder mit der Stiftung Wissenschaft und Politik. Besondere Bedeutung haben die „Young Leaders“-Programme, die Nachwuchskräfte in die transatlantischen Netzwerke einbinden. Zu den „Young Leaders“ zählen Altpräsident Christian Wulff, Ex-Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg, Bild-Chefredakteur Kai Diekmann und  Grünen-Chef Cem Özdemir.

Natürlich ist nicht jedes Mitglied der Atlantik-Brücke ein proamerikanischer Lobbyist. Der Vorsitzende Friedrich Merz etwa widerspricht vehement der amerikanischen Forderung nach Ausgabensteigerungen im Bundeshaushalt. Aber je mehr ein Politiker seine Karriere dem transatlantischen Netzwerk verdankt, um so mehr hängt sein soziales Prestige davon ab und ist er diesem verpflichtet. Özdemir verzichtete 2002 auf sein Bundestagsmandat, nachdem er wegen einer Bonusmeilen-Affäre in die Schlagzeilen geraten war.

Er nutzte die Auszeit für ein Stipendiat in den Vereinigten Staaten, und machte sich mit dem amerikanischen Politikbetrieb vertraut. Unter anderem hatte er Kontakt zum „Project for the New American Century“, einer neokonservativen Denkfabrik, die für die weltweite Dominanz der Vereinigten Staaten wirkt. Nach seiner Rückkehr zog er ins Europaparlament ein, wo er Mitglied des Außenpolitischen Ausschusses wurde. Heute befürwortet Özdemir lautstark eine europäische Banken- und Schuldenunion, die auch von der Regierung in Washington angemahnt wird. Für den EU-Beitritt der Türkei ist er ohnehin.

Die offizielle Gewaltenteilung wird degradiert

Solche informellen Verbindungen und Entscheidungsstränge degradieren die offizielle Gewaltenteilung und die parteipolitischen Auseinandersetzungen über Außenpolitik weitgehend zur Theaterkulisse. Auch der CDU-Politiker Eckart von Klaeden und sein Bruder Dietrich gehören der Atlantik-Brücke an. Bis 2009 war Eckart außenpolitischer Sprecher seiner Partei, heute ist er Staatsminister im Kanzleramt. FDP-Mitglied Dietrich von Klaeden ist beim Springer-Konzern für die Kontakte zu Regierung und Parlament zuständig.

Wer politische Entscheidungen und Entwicklungen, Debattenverläufe und Pressekampagnen verstehen will, muß derartige Strukturen stets mitdenken.

JF 27/12

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