BERLIN. Der Streit zwischen dem Schriftsteller Günter Grass und der israelischen Regierung geht in eine neue Runde. Israels Innenminister Eli Jischai bedauerte am Mittwochabend, daß er Grass nicht schon nach seinem Amtsantritt vor drei Jahren zur Persona non grata erklären habe. „Aber besser spät als nie“, sagte Jischai nach einem Bericht von Spiegel Online.
Gleichzeitig bot der Innenminister dem Literaturnobelpreisträge ein Treffen auf neutralem Boden an: „Wenn Grass seinen Stift niederlegt und aufhört, antisemitische Gedichte zu schreiben, erkläre ich ihm in einem neutralen Staat gerne, warum ein Deutscher, der freiwillig in der SS unter Heinrich Himmler diente, nicht das Recht hat, das Land derer zu besuchen, die er einst vernichten wollte.“ Zu Grass’ Vergleich Israels mit der DDR sagte Jischai: „Zweifellos weiß Grass als ehemaliger Vertreter eines tyrannischen Regimes, wie man ein solches erkennt. Aber diesmal liegt er falsch.“
Hintergrund des Streits ist ein Gedicht, das Grass in der vergangenen Woche in mehreren Zeitungen veröffentlichte. Darin kritisierte er die israelische Iran-Politik scharf und warf dem jüdischen Staat vor, den „ohnehin brüchigen Weltfrieden“ zu gefährden. Innenminister Jischai verhängte deswegen ein Einreiseverbot gegen Grass und forderte, ihm den Literaturnobelpreis abzuerkennen, was das Nobelpreiskomitee aber ablehnte.
Knabe kritisiert Grass
Grass bezeichnete das Einreiseverbot in einem Beitrag für die Süddeutsche Zeitung am Donnerstag als eine „in Diktaturen übliche Praxis“, die ihn an die Methoden der DDR erinnere. Ihm sei bislang zweimal die Einreise in ein Land verwehrt worden. In die DDR und Ender der Achtziger Jahre nach Birma. „Jetzt ist es der Innenminister einer Demokratie, des Staates Israel, der mich mit einem Einreiseverbot bestraft und dessen Begründung für die von ihm verhängte Zwangsmaßnahme – dem Tonfall nach – an das Verdikt des Ministers Mielke erinnert“, schrieb Grass. Erich Mielke war Minister für Staatssicherheit in der DDR.
Wegen des Stasi-Vergleichs griff nun auch der Leiter der Stasi-Opfergedenkstätte Berlin- Hohenschönhausen, Hubertus Knabe, Grass scharf an. „Es zeugt nicht gerade von intellektuellem Tiefgang, den israelischen Innenminister mit dem ehemaligen Stasi-Chef der DDR in einen Topf zu werfen“, sagte Knabe Handelsblatt-Online.
Israel sei eine Demokratie. Aber die DDR sei eine Diktatur gewesen, betonte der Historiker. Dies sei ein „fundamentaler Unterschied“. Grass täte gut daran, nicht noch mehr Öl ins Feuer zu gießen, sondern das Gespräch mit der israelischen Regierung zu suchen, riet Knabe: „Die von ihm angezettelte Debatte ist ebenso niveaulos wie überflüssig.“ (krk)