MÜNCHEN. Der wegen Beihilfe zur Ermordung von fast 30.000 Juden angeklagte mutmaßliche KZ-Wächter John Demjanjuk wird offenbar durch ein FBI-Gutachten entlastet. Laut dem Bericht aus dem Jahr 1985 ist der Dienstausweis Demjanjuks, auf den sich sich die Anklage maßgeblich stützt, höchstwahrscheinlich eine Fälschung des sowjetischen Geheimdienstes KGB.
Demjanjuks Verteidiger, Ulrich Busch, forderte zwar die sofortige Aufhebung des Haftbefehls, geht jedoch von einer Ablehnung seines Antrages aus: „Das Gericht hat sich längst seine Überzeugung gebildet“, sagte er der Nachrichtenagentur AFP. Bei einer Verurteilung will er deswegen in die Revision gehen.
Dem 91 Jahre alten Angeklagten wird vorgeworfen, als Hilfswachmann an der Ermordung von fast dreißigtausend Menschen im Konzentrationslager Sobibor beteiligt gewesen zu sein. Demjanjuk hatte während des Verfahrens zu den Vorwürfen nicht geäußert.
Nebenkläger von der Schuld des Angeklagten überzeugt
Nachdem die Staatsanwaltschaft bereits Ende März sechs Jahre Haft gefordert hatte, hielten am Mittwoch auch die Nebenkläger ihre Plädoyers. Die Vertreter von Angehörigen in Sobibor ermordeter Juden aus den Niederlanden zeigten sich von der Schuld Demjanjuks überzeugt. Er sei ganz eindeutig ein „Teil der Mordmaschinerie der Nazis“. Daß Demjanjuk sich im Prozeß nicht zu Wort gemeldet hatte, sei zudem eine „Beleidigung der Opfer“.
Bereits 1988 war der gebürtige Ukrainer in Israel wegen der Beteiligung am Holocaust zum Tode verurteilt worden. Nachdem Zweifel aufkamen, daß es sich bei Demjanjuk wirklich um den als „Iwan der Schrecklichen“ bekannten Wärter im Konzentrationslager Treblikna handelte, wurde er vom Obersten Gerichtshof Israels freigesprochen.
Das Urteil wird für den 12. Mai erwartet. (ho)