Die Bundeszentrale für politische Bildung (BpB) muß sparen. Allein in diesem Jahr sank ihr Etat um 1,5 Millionen auf 37 Millionen Euro. Weitere Kürzungen des Budgets sind für 2012 vorgesehen. BpB-Chef Thomas Krüger reagierte darauf Ende vergangenen Jahres mit der Aufstellung einer Arbeitsgruppe, deren Auftrag es war, den gesamten „Output der BpB“ einer „strikten Aufgabenkritik zu unterwerfen“.
Geprüft werden sollte dabei, inwiefern die Produkte und Formate der Bundeszentrale den strategischen Zielsetzungen entsprechen und wo Verzichtbares zurückgestellt werden könnte. „Es darf keine Tabus geben“, schrieb Krüger in einem Strategiepapier. Es müsse aber immer eine „sachliche Abwägung“ vorgenommen werden.
Mitte April legte die Arbeitsgruppe Krüger ihre „Produktkritik 2010“ vor. Der 64 Seiten starke Abschlußbericht, der der JUNGEN FREIHEIT vorliegt, hat es in sich, zeigt er doch, wie leichtfertig einige Fachbereiche in der Vergangenheit mit Geldern um sich geschmissen haben und welche Einsparmöglichkeiten es in der Behörde offensichtlich gibt. Der Fachbereich B („Veranstaltung“) beispielsweise war verantwortlich für den Genderkongreß Ende Oktober 2010 in Berlin.
„Einsparoptionen“ beim „Catering“
Die Kosten lagen bei rund 179.000 Euro, was man bei der Bundeszentrale aber für gerechtfertigt hält. Schließlich sei die Gleichstellung der Geschlechter „eine Daueraufgabe der politischen Bildung“. Zudem habe der Kongreß „aufgrund der akzentuierten Rede des Präsidenten auch eine gute Medienresonanz“ erzielt. Zu diskutieren sei allerdings, ob die Teilnehmer in Zukunft nicht vielleicht eine Gebühr von etwa 20 Euro entrichten müßten. Dies mache bei 400 Besuchern immerhin 8.000 Euro. Ähnlich verhält es sich mit der Internationalen Konferenz zur Holocaustforschung, für die in diesem Jahr 167.000 Euro aufgewendet wurden. Hier gebe es beim „Catering“ noch „Einsparoptionen“ in unbekannter Höhe.
Nicht alle Fachbereiche weisen einen solch ausgeprägten Sparwillen auf. In der Produktkritik des Fachbereichs E („Multimedia/Medien- und Kommunikationszentrum Berlin“) heißt es an mehreren Stellen: „kein Einsparpotential“ beziehungsweise „Mehrbedarf“. Leiter des Fachbereichs ist Thorsten Schilling, der als Intimus von BpB-Präsident Krüger gilt. Als dieser in den neunziger Jahren noch Senator für Familie und Jugend in Berlin war, diente ihm Schilling schon als Pressesprecher. Nicht zuletzt deswegen gibt es intern die Vermutung, daß sein Bereich wohl am wenigsten von den Einsparungen betroffen sein wird.
Aufgrund der Personalie Schilling wurde in der Vergangenheit bereits mehrfach der Vorwurf der „Günstlingswirtschaft“ laut. So fand beispielsweise ein Bekannter Schillings aus gemeinsamen Zeiten beim Berliner Verein „mirko“ („Verein zur Förderung von Medienkulturen“) eine Anstellung in seinem Fachbereich. Dort ist er nun offiziell zuständig für die „Medientechnik“ und darf bei Veranstaltungen Fotos von Krüger schießen.
Künftig keinen „Black History Month“ mehr
In Schillings Aufgabengebiet fällt auch die Internetseite kinofenster.de. Das Onlineportal für Filmbildung wird von der Bundeszentrale gemeinsam mit der „Vision Kino gGmbH“ verantwortet, für die auch schon Krügers Ehefrau Brigitte Zeitelmann tätig war. In der „Produktkritik 2010“ wird für kinofenster.de ein noch nicht näher bezifferter „Mehrbedarf“ veranschlagt.
Doch auch Schilling weiß, daß er an der einen oder anderen Stelle sparen muß, weshalb es wohl künftig keinen „Black History Month“ mehr geben wird. Mit der Veranstaltungsreihe, die sich den Einflüssen „der afrikanischen Diaspora auf Deutschland und auf andere Teile der Welt“ widmete, sei „keine Zielgruppe außer den Veranstaltern selbst erreicht“ worden, heißt es im Abschlußbericht. Fazit: „Produkt ist verzichtbar“, Einsparpotential: 24.489 Euro. Ansonsten aber scheint die Zusammenarbeit zwischen Schilling und den Prüfern seines Fachbereichs nicht gerade reibungslos verlaufen zu sein.
Das zumindest legt der E-Mail-Verkehr zwischen beiden Seiten nahe. Während Schilling betont, er teile viele Einschätzungen der Arbeitsgruppe nicht, wirft ihm einer der Verantwortlichen vor, die unterschiedliche Auffassung über das Ergebnis nicht deutlich gemacht zu haben, als dazu Gelegenheit bestand.
Publikationen werden eingedampft
In anderen Fachbereichen scheinen die Würfel dagegen schon gefallen zu sein. So hat die Prüfungskommission allein bei den Informationen zur politischen Bildung Einsparmöglichkeiten von 150.000 Euro ausgemacht. „Strukturelle Veränderungen“ wie bei der Bundeswehr könnten zu einer niedrigeren Auflagenhöhe der Publikation führen. Bei einer Abgabe von einem Euro pro Heft ließen sich zudem etwa 400.000 Euro pro Jahr einnehmen.
Weitere Einsparungen erhofft man sich von Veränderungen beim Parlament. Die Zeitung des Bundestages erscheint nur noch mit 27 Ausgaben pro Jahr statt wie bisher mit 38. Davon betroffen ist auch die Beilage Aus Politik und Zeitgeschichte, was zu einer Kostenreduzierung von 140.000 Euro führen soll. Durch den Verzicht auf die elf Themenausgaben pro Jahr könnten zusätzliche 500.000 Euro eingespart werden. Daß damit auch ein wissenschaftliches Aushängeschild der Bundeszentrale massiv beschnitten wird, scheinen die Prüfer dabei in Kauf zu nehmen. Wie hat Krüger doch gesagt: Es dürfe keine Tabus geben.
JF 31-32/11