BERLIN. Die Zahl der Einbürgerungen ist in Deutschland im vergangenen Jahr um mindestens 15 Prozent zurückgegangen. Das berichtet die Süddeutsche Zeitung unter Berufung auf mehrere parlamentarische Anfragen der Linkspartei.
Neun Bundesländer, die bereits Zahlen dazu vorgelegt hätten, verzeichneten demnach einen erheblichen Einbruch bei der Zahl neuer deutscher Staatsangehöriger.
Nach derzeitigem Stand sollen 2008 in ganz Deutschland weniger als 100.000 Einbürgerungen vorgenommen worden sein. Dies wäre der niedrigste Stand seit Einführung des neuen Staatsangehörigkeitsrechts im Jahre 2000.
„Verschärfung des Einbürgerungsrechts schuld“
„Der dramatische Rückgang der Einbürgerungen stellt der Bundesregierung ein vernichtendes Zeugnis ihrer ‘Integrationspolitik’ aus“, sagte Sevim Dagdelen, migrationspolitische Sprecherin der Linke-Bundestagsfraktion. Schuld an der sinkenden Zahl neuer deutscher Staatsbürger sei die im August 2007 eingeführte Verschärfung des Einbürgerungsrechts.
Der Bewerber muß seitdem nicht nur seinen Lebensunterhalt ohne staatliche Hilfe bestreiten, sondern darf auch nicht zuvor mit einer Strafe von 90 Tagessätzen oder mehr verurteilt worden sein.
Vor dieser Änderung lag die Grenze hierfür bei 180 Tagessätzen. Außerdem wurden die Anforderungen hinsichtlich der deutschen Sprachkenntnisse des Bewerbers erhöht.
Viele Türken wollen keinen deutschen Paß
„Die jetzige Regierung will, daß Millionen Migrantinnen und Migranten ohne deutschen Paß ‘Bürger 2. Klasse’ bleiben, obwohl sie im Durchschnitt seit fast 20 Jahren hier leben“, beschwerte sich Dagdelen. Für hier lebende Menschen ohne deutschen Paß wäre es „schwerer denn je, formal gleiche Rechte durch Einbürgerung erreichen zu können“.
Die Linksfraktion im Bundestag fordert daher die Öffnung des Staatsangehörigkeitsrechts. Ihre entsprechenden Anträge seien allerdings von Union und SPD immer wieder abgelehnt worden.
Wie die Süddeutsche Zeitung jedoch auch berichtet, sei gerade unter in Deutschland lebenden Türken die Verbundenheit mit dem Herkunftsland noch so groß, daß der Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit nicht besonders erstrebenswert erscheine. (vo)