WASHINGTON D.C. Das US-Verteidigungsministerium geht davon aus, daß die Luftschläge gegen das iranische Atomprogramm im Juni dieses um „ein bis zwei Jahre“ zurückgeworfen haben. Dies ergebe sich zumindest aus Geheimdienstinformationen innerhalb des Pentagon, wie ein Sprecher am Mittwoch sagte.
Zuvor hatten US-Medienberichte für Aufmerksamkeit gesorgt, wonach das Atomprogramm möglicherweise nur um einige Monate zurückgeworfen worden sein könnte. Die Meldungen hatten US-Präsident Donald Trump empört, der seinerseits davon sprach, die iranischen Anlagen seien „ausradiert“ worden. Aus der israelischen Armee hieß es, die iranischen Bestrebungen seien „um Jahre“ zurückgeworfen.
Atomprogramm sei „Frage der nationalen Würde“
Der iranische Außenminister Abbas Araghchi gab in einem Interview mit dem US-Sender CBS, das in dieser Woche ausgestrahlt wurde, zu, daß die Anlagen „ernsthaft und schwerwiegend beschädigt“ wurden. Niemand wisse aber, was genau in Fordo passiert sei. Zugleich betonte der Diplomat, man könne die Technologie und Wissenschaft zur Urananreicherung nicht durch Bombardierungen zerstören.
Das „friedliche Nuklearprogramm“ habe sich in „eine Frage der nationalen Würde und Ehre“ verwandelt, führte Araghchi weiter aus. Und wenn man wolle, dann sei man in der Lage, die Schäden zügig zu beheben und den Rücksetzer wiedergutzumachen. Auch der Chef der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA), Rafael Grossi, hatte Ende Juni bei CBS gesagt, wenn der Iran wolle, könne er das Atomprogramm wieder aufnehmen. „Sie haben die industriellen und technologischen Fähigkeiten.“
Iran will nicht mehr mit IAEA kooperieren
Unterdessen setzte Irans Präsident Masud Peseschkian am Mittwoch laut der staatlichen Nachrichtenagentur IRNA eine Regelung in Kraft, wonach der Iran die Kooperation mit der IAEA aussetzt. Zuvor hatte der Madschles, das iranische Parlament, ein entsprechendes Gesetz verabschiedet.
Die IAEA war bisher für die Kontrolle des iranischen Atomprogramms zuständig. Sie veröffentlichte regelmäßig Berichte dazu und stellte in den vergangenen Jahren immer wieder Verstöße des Iran gegen den Joint Comprehensive Plan of Action (JCPOA) fest. Die USA waren 2018 aus diesem Abkommen ausgestiegen, woraufhin sich der Iran nicht mehr an seine Verpflichtungen hielt.
Im Iran geriet die IAEA vor dem Hintergrund des zwölftägigen Krieges im Juni zunehmend in die Kritik. Vorwürfe wurden laut, die Organisation habe den israelischen Angriff mitverursacht. Das Auswärtige Amt in Berlin sprach mit Blick auf die Aussetzung der Kooperation am Mittwoch von einem „verheerenden Signal“. Dadurch werde das iranische Atomprogramm „jeglicher internationaler Aufsicht“ entzogen.
Unklar, wann verhandelt werden könnte
Die EU-Außenbeauftragte Kaja Kallas hatte bereits am Dienstag verlangt, Verhandlungen „über die Beendigung des iranischen Nuklearprogramms“ bald wiederaufzunehmen. Daraufhin empörte sich Irans Außenminister Araghchi bei X, daß Kallas den Atomwaffensperrvertrag mißachte, der den Unterzeichnerstaaten das Recht zur friedlichen Nutzung von Kernenergie einräumt.
In diesem Fall werde die EU in künftigen Verhandlungen „irrelevant“, drohte Araghchi. Zuvor hatte er bereits bei CBS betont, er denke nicht, daß die Verhandlungen schon bald wiederaufgenommen würden. „Wir müssen erst sicherstellen, daß die USA uns während Verhandlungen nicht einmal mehr angreifen.“
In der Nacht zum 13. Juni hatte Israel eine umfassende Militärkampagne gegen den Iran begonnen und dabei auch Nuklearanlagen ins Visier genommen. Später stieg auch Washington ein, indem es die Anlagen in Isfahan, Natans und Fordo bombardierte, Natans und Fordo mit bunkerbrechenden Bomben. Vor allem Fordo bereitete Washington und Jerusalem Sorgen, weil die dortige Anreicherungsanlage tief in einen Berg hineingebaut ist. (ser)