Peking läßt dieser Tage keinen Zweifel daran, daß es seinen Anspruch auf Weltmachtstellung auch militärisch untermauern will. Auf internationalen Waffenmessen kommt man nicht mehr an den chinesischen Exponaten vorbei, die eindrücklich demonstrieren, daß die Volksbefreiungsarmee im 21. Jahrhundert angekommen ist.
Als Beispiel für die Modernisierung steht der Flugzeugträger Fujian. Mit einer Verdrängung von etwa 80.000 Tonnen, elektromagnetischen Katapulten (EMALS) und vollständig elektrifizierter Infrastruktur wird die Fujian das Rückgrat für Chinas Fähigkeit zu maritimen Operationen über große Entfernungen. Die EMALS-Technologie, bisher nur von den USA eingesetzt, erlaubt den Start schwerer Flugzeuge und spezialisierter Plattformen wie Frühwarnflugzeugen und elektronischen Kampfjets. Pekings Flotte kreuzt durch den Indopazifik nun neben US-amerikanischen Flugzeugträgern, denen man sich ebenbürtig wähnt.

Peking setzt auf autonome U-Boote
Doch die Modernisierung geht weit über die Fujian hinaus. Neue Zerstörer der Typ-055-Klasse, ausgestattet mit über 112 vertikalen Abschußzellen, sind zentrale Elemente einer neuen, blauen Wasserstrategie. Sie dienen als Eskortschiffe für Trägergruppen und können über den Indopazifik hinweg Präsenz zeigen. Besonders bemerkenswert ist auch die umfassende Modernisierung der chinesischen Atom- und Konventionellen U-Boot-Flotte. Die Atom-U-Boote der Typ-094A-Klasse, Chinas aktuell wichtigste Plattform für seegestützte nukleare Abschreckung, sind mit ballistischen JL-2-Raketen bewaffnet, die eine Reichweite von rund 7.400 Kilometern besitzen.
Mit dem geplanten Zulauf der Typ-096-Klasse, die mit der noch weiterreichenden JL-3-Rakete ausgestattet werden soll, wird sich diese Kapazität nochmals deutlich steigern. Experten gehen davon aus, daß diese neuen U-Boote mit ballistischen Raketen (SSBNs) nicht nur schwerer zu orten sein werden, sondern auch in der Lage sind, von geschützteren Patrouillengebieten aus den gesamten amerikanischen Kontinent zu bedrohen – zusätzlich zu den amerikanischen Stützpunkten im Pazifik in unmittelbarer Nähe zu Festlandchina. Parallel dazu modernisiert China seine konventionellen Jagd-U-Boote der Yuan-Klasse (Typ 039A/B), die dank luftunabhängigem Antrieb (AIP) wochenlang ohne Auftauchen operieren können.
Neben den klassischen Plattformen entwickelt China gezielt neue Fähigkeiten in der Unterwasserkriegsführung. Minenlegen, traditionell ein kostengünstiges und effektives Mittel der Seekriegsführung, wird durch hochentwickelte programmierbare Seeminen revolutioniert. Diese Minen können auf spezifische Schiffstypen reagieren, Zielparameter ändern oder sich sogar selbständig verlagern. Ergänzt wird diese Fähigkeit durch autonome Unterwasserdrohnen, die sowohl zum Minenlegen als auch zur Minenabwehr eingesetzt werden können und in der Lage sind, in Schwärmen zu operieren oder komplexe Sperrzonen zu errichten. Der Einsatz von künstlicher Intelligenz bei diesen Systemen läßt erahnen, daß man hier erst am Anfang einer Entwicklung steht, die weitreichende Auswirkungen auf die Art und Weise der Kriegsführung in der Zukunft haben wird.
Hyperschallwaffen und Cybereinheiten im Arsenal
Auch in der Hyperschalltechnologie will China neue Maßstäbe setzen und investiert große Summen. Neben der bereits einsatzfähigen DF-ZF-Gleitflugkörpertechnologie wird an einer Vielzahl weiterer Hyperschallwaffen gearbeitet. Die DF-17, die auf einem mobilen Trägersystem basiert, kann Hyperschallgleiter tragen und damit Ziele in Entfernungen von über 2.000 Kilometern binnen Minuten erreichen. Diese Fähigkeit stellt konventionelle Raketenabwehrsysteme des Westens wie THAAD oder Patriot faktisch vor große Herausforderungen. Auch Anti-Schiff-Hyperschallraketen, möglicherweise auf Basis der YJ-21, werden entwickelt, um feindliche Flugzeugträgergruppen auf Distanz zu halten oder auszuschalten. Das Ziel der Entwicklungen ist klar – in einem möglichen Schlagabtausch mit den USA und Anrainerstaaten des Südchinesischen Meeres als Sieger hervorzugehen.

Die Modernisierung der Volksbefreiungsarmee (PLA) erstreckt sich ebenso in den Bereich der Luftstreitkräfte. Neben dem J-20, einem Kampfflugzeug der fünften Generation aus chinesischer Fertigung, dessen Serienproduktion mittlerweile stabil läuft, arbeitet China auch am J-35, das explizit für Trägereinsätze konzipiert wurde. Erste Bilder zeigen ein Stealth-Design, das Merkmale westlicher Vorbilder wie der amerikanischen F-35C aufweist, jedoch mit chinesischen Eigenentwicklungen in Avionik, Datenfusion und Triebwerkstechnologie kombiniert wird. Kritiker äußern Zweifel an der tatsächlichen Einsatzfähigkeit der beiden Systeme, die im Verdacht stehen, maßgeblich technische Errungenschaften westlicher Flugzeuge kopiert zu haben.
Ein weiterer Schwerpunkt ist die Cyber- und elektronische Kriegsführung. Chinas PLA betreibt spezialisierte Cyber-Einheiten, die sich auf die Destabilisierung kritischer Infrastrukturen, das Eindringen in militärische Kommunikationsnetzwerke und die Störung satellitengestützter Systeme konzentrieren. Parallel dazu entwickeln chinesische Streitkräfte mobile elektronische Angriffssysteme, die feindliche Sensoren, Radare und GPS-Signale stören oder blenden können, um im Ernstfall eine operative Blindheit des Gegners zu erzwingen. Fähigkeiten, die im Ukraine-Krieg mittlerweile absolut unverzichtbar sind.
China will an die Supermacht USA aufschließen
Auch im Weltraum richtet China sein Augenmerk auf Multi-Layer-Kriegsführung. Neben dem Ausbau ziviler und militärischer Satellitensysteme entwickelt die PLA konsequent Anti-Satelliten-Waffen, um die Weltrauminfrastruktur möglicher Feinde (USA) zu zerstören. Die jüngsten Tests chinesischer ASAT-Technologien haben gezeigt, daß auch geostationäre Satelliten in großer Höhe in Chinas Reichweite liegen könnten. Systeme wie Starlink lägen womöglich in Schlagweite dieser neuen Waffen. Gleichzeitig baut China ein eigenes, redundantes Netzwerk aus Frühwarnsatelliten, Kommunikationsplattformen und Navigationsdiensten namens „Beidou“ auf, um im Konfliktfall unabhängig operieren zu können.
Und wie auch der Ukraine-Krieg gezeigt hat, ist kein Konflikt ohne Drohnen mehr denkbar. China ist in diesem Bereich in einer Führungsrolle. Bei den unbemannten Systemen treibt die PLA die Integration von Drohnen aggressiv voran. Schwere Tarnkappendrohnen wie die GJ-11 „Sharp Sword“ sollen in „Manned-Unmanned Teaming“-Konfigurationen eng mit bemannten Kampfflugzeugen operieren. Schwarmtaktiken, modulare Aufklärungssysteme und sogar bewaffnete Unterwasserdrohnen werden entwickelt, um Überlegenheit auf unterschiedlichen Gefechtsfeldern herzustellen.
Chinese GJ-11 Sharp Sword UCAV spotted during test flight.
GJ-11 is notable for its stealth capabilities and advanced design, which includes a tailless flying wing structure.
Recent reports indicate that the GJ-11 is capable of operating from Type 075 amphibious assault ships. pic.twitter.com/n1dmJO7LS4
— Clash Report (@clashreport) August 23, 2024
Es ist unübersehbar, daß Chinas intensive Aufrüstungsprogramme das Ziel haben, mit der Supermacht USA militärisch aufzuschließen. Multidomain-Fähigkeiten, technologische Souveränität in Schlüsselbereichen wie Drohnen und die systematische Schließung technologischer Fähigkeitslücken gegenüber den USA und ihren Verbündeten sind deutlich sichtbare Entwicklungsschritte. In weniger als zwei Jahrzehnten hat sich China von einer überwiegend landbasierten Regionalmacht zu einer multidimensional agierenden Militärmacht entwickelt, deren Instrumente von konventionellen See- und Luftoperationen bis hin zu Cyberkrieg, Weltraumkriegsführung und Hyperschallwaffen reichen.