WIEN. Die neue österreichische Regierungskoalition aus ÖVP, SPÖ und Neos hat eine drastische Verschärfung der Asylpolitik angekündigt. Bundeskanzler Christian Stocker (ÖVP) erklärte, daß der Nachzug von Familienangehörigen von Asylberechtigten mit sofortiger Wirkung ausgesetzt werde.
Dies sei Teil des Regierungsprogramms und werde ungeachtet möglicher Konflikte mit EU-Recht umgesetzt. „Sofort heißt jetzt”, betonte Stocker. Laut dem Kanzler ermögliche eine Klausel solche Maßnahmen, wenn Österreich überlastet sei.
Regierung gibt zu: „Das System in Österreich funktioniert nicht“
Die Bundesregierung werde ihre Argumente einbringen, wenn es deshalb zu einem EU-verfahren gegen Österreich käme. Stocker gegenüber dem ORF: „Vielleicht sollte es den einzelnen Staaten selbst überlassen sein, zu beurteilen, ob ihre Systeme überlastet sind.”
Tatsächlich gibt es in Artikel acht der europäischen Menschenrechtskonvention zum Recht auf Familienleben folgende Einschränkung:
„Eine Behörde darf in die Ausübung dieses Rechts nur eingreifen, soweit der Eingriff gesetzlich vorgesehen und in einer demokratischen Gesellschaft notwendig ist für die nationale oder öffentliche Sicherheit, für das wirtschaftliche Wohl des Landes, zur Aufrechterhaltung der Ordnung, zur Verhütung von Straftaten, zum Schutz der Gesundheit oder der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer.”
Zur Umsetzung der Regelung soll Innenminister Gerhard Karner (ÖVP) eine entsprechende Verordnung erarbeiten. Stocker betonte, daß es keinen Sinn habe, der Bevölkerung vorzuspielen, daß alles eitel Wonne sei, während das System in Wahrheit nicht funktioniere. Auch Außenministerin Beate Meinl-Reisinger (Neos) sprach von einer Überforderung der staatlichen Strukturen, insbesondere des Bildungswesens.
(rr)