DAVOS. WEF-Gründer Klaus Schwab hat finanzielle Ansprüche in Millionenhöhe gegenüber dem Weltwirtschaftsforum geltend gemacht. Wie aus einem internen Schreiben hervorgeht, beruft sich der langjährige Präsident der Organisation auf eine Vereinbarung aus dem Jahr 1999, in der ihm eine Sonderprämie in Höhe von fünf Millionen Franken sowie Gehaltsnachzahlungen zugesichert worden seien.
Insgesamt gehe es um mindestens acht Millionen Franken, die ihm zustehen würden, bislang aber nicht ausbezahlt worden seien. Schwab betont, er habe bisher auf die Auszahlung verzichtet, sehe jedoch nun im Zuge seines Ausscheidens Anlaß, diese Ansprüche geltend zu machen.
Darüber hinaus verweist Schwab auf erhebliche private Mittel, die er und seine Ehefrau in mit dem WEF verbundene Stiftungen eingebracht hätten. So habe das Ehepaar unter anderem zwölf Millionen Franken in die „Schwab Foundation for Social Entrepreneurship“ eingebracht sowie weitere Mittel in die „Young Global Leaders Foundation“, die „Global Shapers Foundation“ und eine Kunststiftung investiert. Insgesamt dürfte es sich um einen zweistelligen Millionenbetrag handeln.
Heftige Vorwürfe gegen Schwab
Diese Forderungen treten in einem höchst angespannten Moment zutage. Denn Schwab war über Ostern unter massivem Druck zurückgetreten, nachdem das Kuratorium des WEF ein anonymes Schreiben erhalten hatte, in dem schwere Vorwürfe gegen den Gründer erhoben wurden. Der Verfasser des Schreibens – mutmaßlich ein interner Whistleblower – beschuldigte Schwab unter anderem des Machtmißbrauchs, der persönlichen Bereicherung sowie der Einflußnahme auf wirtschaftspolitische Rankings. Zugleich wurde in dem Schreiben ein Ultimatum gesetzt: Sollte Schwab nicht binnen einer Woche zurücktreten, würden die Informationen an die Öffentlichkeit gelangen.
Schwab kritisierte das Vorgehen scharf. Ihm sei keine Gelegenheit zur Stellungnahme eingeräumt worden, bevor über seinen Rücktritt und die Einleitung der Untersuchung entschieden worden sei – ein klarer Verstoß gegen rechtsstaatliche Grundsätze, wie er betonte. Zudem habe er vorgeschlagen, die Vorwürfe durch eine Verleumdungsklage juristisch klären zu lassen. Dieser Vorschlag sei jedoch ignoriert worden.
Die Liste der Anschuldigungen ist lang: So soll Schwab Mitarbeiter dazu aufgefordert haben, Bargeldbeträge in seinem Namen abzuheben, sich in den „Global Competitiveness Report“ eingemischt und WEF-Gelder für den Vertrieb seiner eigenen Bücher genutzt haben. Weitere Vorwürfe betreffen den Versuch, einen wegen Diskriminierung entlassenen Mitarbeiter wieder einzustellen, mutmaßliche Vergeltungsmaßnahmen gegen den Personalchef sowie gezielte Schikanen gegenüber einem wissenschaftlichen Mitarbeiter. Schwab weist alle Vorwürfe zurück und spricht von „koordinierter Einschüchterung und Diffamierung“.
Christine Lagarde könnte das WEF in Zukunft führen
Die Leitung des Forums übernimmt übergangsweise der Österreicher Peter Brabeck-Letmathe, langjähriger Verwaltungsratspräsident von Nestlé. Für das Jahr 2027 ist laut Gerüchten aus der Schweiz die Übergabe an Christine Lagarde vorgesehen, derzeitige Präsidentin der Europäischen Zentralbank. Das WEF steht finanziell glänzend da: Im letzten Geschäftsjahr erwirtschaftete die Stiftung Einnahmen von fast 440 Millionen Franken und verfügt über ein Eigenkapital von rund 422 Millionen Franken. In der Kasse befinden sich liquide Mittel in Höhe von über 200 Millionen Franken, weitere 375 Millionen sind langfristig investiert.
Ob und in welchem Umfang Schwabs finanzielle Forderungen erfüllt werden, ist derzeit offen. Klar ist allerdings, daß der Rückzug des 87jährigen eine tiefe Zäsur für das Forum bedeutet. (rr)