PARIS/JERUSALEM. Frankreichs Präsident Emmanuel Macron hat angekündigt, einen unabhängigen palästinensischen Staat anerkennen zu wollen. Frankreich wäre damit das erste große westliche Land, das einen solchen Schritt vollzieht. Israel reagierte empört, Palästinenservertreter hingegen mit Lob.
Israels Premierminister Benjamin Netanjahu verurteilte Macrons Ankündigung als „Belohnung für Terror“ und warnte vor der Entstehung eines weiteren „iranischen Stellvertreterstaates“ nach dem Vorbild des von der Hamas kontrollierten Gazastreifens. Ein palästinensischer Staat unter den jetzigen Bedingungen sei nichts anderes als eine „Startrampe zur Vernichtung Israels“.
Auch Israels Außenminister Gideon Saar sprach auf der Plattform X von einem „Hamas-Staat“. Finanzminister Bezalel Smotrich ging noch weiter: Frankreichs Schritt sei ein Grund mehr, das besetzte Westjordanland zu annektieren und „ein für allemal mit der gefährlichen Illusion eines terroristischen palästinensischen Staates aufzuräumen“.
Wie geht es mit Palästina für Europa nun weiter?
Die Palästinenser reagierten indes erfreut. Hussein al-Scheich, Stellvertreter von Mahmud Abbas, sprach von einem „Bekenntnis Frankreichs zum Völkerrecht“. Auch auf den Straßen im Westjordanland zeigten sich viele hoffnungsvoll – man erwarte nun ähnliche Schritte anderer Staaten. Auch die Hamas begrüßte Macrons Vorstoß.
Internationale Reaktionen fielen gemischt aus. Das Weiße Haus schwieg zunächst. In einer Depesche vom Juni hieß es jedoch, die US-Regierung lehne eine einseitige Anerkennung ab. Auch Großbritannien und Kanada sollen laut Diplomaten Vorbehalte geäußert haben. Der britische Premierminister Keir Starmer kündigte ein Abstimmungsgespräch mit Macron und Bundeskanzler Merz (CDU) an.
We express our thanks and appreciation to His Excellency President Emmanuel Macron for his letter addressed to His Excellency President Mahmoud Abbas, in which he reaffirmed France’s steadfast position and confirmed his country’s intention to recognize the State of Palestine in… https://t.co/Jio2cvWtVm
— حسين الشيخ Hussein Al Sheikh (@HusseinSheikhpl) July 24, 2025
Frankreichs Schritt erfolgt inmitten wachsender Kritik am israelischen Vorgehen im Gazastreifen. Mehr als zwei Dutzend Staaten hatten zuletzt ein Ende des Krieges gefordert. Auch Merz fand scharfe Worte – unterzeichnete eine gemeinsame Erklärung jedoch nicht.
Unterdessen kündigten sowohl die israelische Regierung als auch der Nahost-Sondergesandte von US-Präsident Trump am Donnerstag an, ihre Verhandlungsteams aus Katar zurückzubeordern. Damit stehen die ohnehin schwierigen Gespräche über eine Waffenruhe im Gazastreifen und die Freilassung der letzten israelischen Geiseln erneut auf der Kippe. Der US-Gesandte Steve Witkoff erklärte, die jüngste Antwort der Hamas zeige „keinen Wunsch nach einem Waffenstillstand in Gaza“. Man werde nun „alternative Optionen“ prüfen, um die Geiseln heimzuholen und eine stabilere Lage für die Zivilbevölkerung zu schaffen – ohne diese Optionen näher zu benennen.
Aus Jerusalem verlautete dagegen, es handle sich nicht um einen Abbruch der Gespräche, sondern um eine reguläre Rücksprache. Die Hamas äußerte sich überrascht über Witkoffs Aussagen. Man habe, so hieß es in einer Erklärung, nach Konsultationen mit anderen palästinensischen Fraktionen und Vermittlern „positiv geantwortet“ und arbeite weiterhin auf eine dauerhafte Waffenruhe hin. Trotz der widersprüchlichen Signale scheint ein baldiger Durchbruch unwahrscheinlich – noch vor wenigen Wochen hatte Trump selbst eine Einigung für eine 60tägige Feuerpause in greifbarer Nähe gesehen. (rr)