LONDON. Die britische Regierung hat seit 2023 abertausende Afghanen heimlich nach Großbritannien eingeflogen. Dazu verhängten die britischen Behörden auch eine Nachrichtensperre.
Die frühere konservative Regierung rechtfertigte dies mit einem Datenleck, wodurch Namen von zehntausenden Afghanen versehentlich enthüllt worden seien, die nach dem Fall Kabuls 2021 als Ortskräfte oder Angehörige angeblich Repressalien durch die Taliban fürchten müßten. Konkret soll Großbritannien deshalb 18.500 Afghanen eingeflogen haben – weitere 5.400 sollen noch folgen.
Interne Untersuchung soll Vergeltungsbefürchtungen widerlegt haben
Eine vom britischen Verteidigungsminister John Healey (Labour-Partei) angeordnete Untersuchung war jedoch zu dem Schluß gekommen, daß den von der Datenpanne betroffenen Afghanen mutmaßlich keine Vergeltung durch die Taliban gedroht habe. Healey habe die Panne ein „unwohles Gefühl“ bereitet.
Auch wenn dieser Vorfall sich unter der Regierung von Boris Johnson ereignet habe, wolle er sich „bei allen, deren Daten kompromittiert wurden, aufrichtig entschuldigen“. Für das Aufnahmeprogramm wurden internen Berichten zufolge anfangs rund sieben Milliarden Pfund veranschlagt.
Umsiedlungsaktion ist für tausende Afghanen geplant gewesen
Hintergrund des Datenlecks ist eine im Jahr 2022 von einem Mitarbeiter des britischen Verteidigungsministeriums an eine unbefugte Person verschickte E-Mail, die eine Namenstabelle von tausenden Afghanen enthielt und später auf Facebook veröffentlicht wurde. Die betroffenen Afghanen sollen die Briten im Krieg gegen die Taliban als Ortskräfte unterstützt haben oder Angehörige jener sein.
Angeblich seien bis zu 100.000 Afghanen bedroht gewesen, falls die Taliban Zugang zu der versehentlich veröffentlichten Namensliste erhalten hätten. Britischen Medien zufolge verhängte die Regierung infolgedessen die längste und strengste bekannte gerichtliche Nachrichtensperre in der Geschichte des Landes über die Verbreitung des Datenlecks. Auch Berichterstattung über die darauffolgende geheime Umsiedlungsaktion seit 2023 von rund 25.000 Personen der auf der Liste stehenden Afghanen inklusive ihrer Familien blockierte die Regierung mittels der Nachrichtensperre.
Zudem soll die enthüllte Namenstabelle Informationen über Personen enthalten haben, die sich über andere Aufnahmeprogramme wie das sogenannte Umsiedlungsprogramm für afghanische Staatsbürger Zugang nach Großbritannien verschaffen wollten. Die Anwälte der Regierung hätten trotz des entwarnenden Berichts aus dem Verteidigungsministerium für eine Aufrechterhaltung der Nachrichtensperre argumentiert, wie es von der britischen Zeitung The Times heißt.
Kosten gehen in die Milliarden
Am Dienstag hob ein Gericht wegen mangelnder Erkenntnisse über eine Bedrohungslage der Afghanen die gut zwei Jahre andauernde Nachrichtensperre über den Vorfall auf. Die britische Regierung müsse durch Betroffene laut The Times-Informationen nun mit Klagen in Höhe von rund 250 Millionen Pfund rechnen.
Statt der anfangs veranschlagten sieben Milliarden Pfund für die nächsten fünf Jahre sollen die afghanischen Aufnahmeprogramme den britischen Steuerzahler sechs Milliarden Pfund kosten, wobei etwa 2,7 Milliarden Pfund bereits ausgegeben worden seien, berichtete The Times. Nach Angaben des britischen Verteidigungsministeriums belaufen sich die Kosten des Datenverlusts allein auf circa 850 Millionen Pfund, da der Rest der Afghanen ohnehin durch andere Aufnahmeregelungen nach Großbritannien kommen könne.
Farage kritisiert auch konservative Vorgängerregierung
Der Reform-UK-Parteichef Nigel Farage warnte, daß unter den Eingeflogenen verurteilte Sexualstraftäter seien. „Von denjenigen, die gekommen sind, wurde niemand in die Einwanderungszahlen eingerechnet“, kritisierte der 61jährige. Farage rügte die Konservativen und Linken für die jahrelange und nach Regierungswechseln fortgeführte Verheimlichung der Masseneinflüge von Afghanen. „Die Kosten sind unvorstellbar hoch. Und die Gefahr für Frauen auf den Straßen ist ehrlich gesagt unkalkulierbar“, empörte sich der Oppositionspolitiker.
My response to the Afghan asylum scandal. pic.twitter.com/LR9paAGW23
— Nigel Farage MP (@Nigel_Farage) July 15, 2025
Farage könne sich kein besseres Beispiel ausdenken für die „totale Inkompetenz, Unehrlichkeit und das fehlende Verständnis der britischen Regierung, was unsere Prioritäten sind“. Die sozialdemokratische Labour-Partei ist laut Farage ohnehin im Umfragesinkflug. Doch ebenso den Konservativen als Verursacher des Skandals „sollte niemals vergeben werden“. (rsz)