WIEN/STRASSBURG. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) hat den Abschiebeschutz eines 25jährigen Syrers aufgehoben und damit den Weg frei gemacht, den Mann aus Österreich außer Landes zu bringen. Das Urteil könnte weit über den Einzelfall hinaus Wirkung entfalten – auch in Deutschland.
Der Syrer war kein Schwerverbrecher. Er war in Wien unter anderem wegen Ladendiebstahls und unbewaffneten Raubes verurteilt worden. Die österreichischen Behörden hatten daraufhin seine Ausweisung verfügt und ihn in Haft genommen, um die Abschiebung vorzubereiten. Gegen diese Entscheidung klagte der 25jährige vor dem EGMR in Straßburg.
Dort wurde zunächst ein vorläufiger Abschiebestopp verhängt. Nun kamen die Richter nach eingehender Prüfung zu dem Schluß, daß „kein reelles und imminentes Risiko irreparablen Schadens“ im Falle einer Rückkehr bestehe. Der Schutz wurde aufgehoben, die Abschiebung ist damit rechtlich möglich.
Syrer-Abschiebung und die möglichen Folgen für Berlin
In Österreich hat das Urteil große Aufmerksamkeit ausgelöst. Abschiebungen nach Syrien sind nach wie vor selten, weil die Sicherheitslage in dem Bürgerkriegsland als kritisch gilt. Innenpolitisch könnte der Entscheid den Druck erhöhen, bei straffälligen Asylwerbern härter vorzugehen. Sowohl ÖVP als auch FPÖ fordern seit langem, Kriminelle konsequent abzuschieben.
Auch in Berlin wird das Urteil sicher aufmerksam verfolgt. Deutschland hat wie Österreich eine hohe Zahl syrischer Schutzberechtigter aufgenommen und steht vor dem Problem, straffällige Personen rechtssicher außer Landes zu bringen. Abschiebungen nach Syrien sind seit 2021 nur in besonders schweren Fällen – etwa bei Terrorverdächtigen oder Schwerverbrechern – zulässig. Die Bundesländer fordern seit längerem mehr Rechtssicherheit und einen Ausbau der Rückführungsabkommen.
Das Straßburger Urteil könnte deutschen Verwaltungs- und Verfassungsgerichten als Argumentationshilfe dienen, wenn über Abschiebungen straffälliger Syrer entschieden wird. Es stärkt die Position derjenigen, die fordern, den Schutzstatus regelmäßig zu überprüfen und bei Gefährdern oder Mehrfachstraftätern aufzuheben. (rr)