Dem FPÖ-Europaparlamentarier Roman Haider platzte der Kragen: „Der jüngste Bericht des EU-Rechnungshofes (ECA) zur Finanzierung von NGOs offenbart gravierende Mißstände. Es ist höchst an der Zeit, diesen Sumpf endlich trockenzulegen.“ Der Rechnungshof hatte dabei die Vergabe von 7,4 Milliarden Euro an EU-Förderungen für NGOs in den Jahren 2021 bis 2023 geprüft. Die Probleme begännen bereits damit, daß es überhaupt keine einheitliche Regelung gebe, was eine NGO überhaupt ist, stellte Haider fest. Die Vergabestellen der EU verließen sich laut Bericht bezüglich der Konformität ihrer Tätigkeit mit den vertraglich festgeschriebenen Werten der EU ausschließlich auf die Selbstauskunft der NGOs. Eine proaktive Überprüfung durch die EU unterbleibe dagegen. Zudem sei nicht ersichtlich, wer wirklich hinter den NGOs steht.
Mit dem jüngsten Bericht zur EU-Finanzierung von NGOs legte der ECA nun offen, wie planlos die Europäische Kommission Milliarden Euro verteilt. Zum Vorschein kommt ein System, von Intransparenz und Kontrollverlust geprägt, das längst Ausmaße angenommen hat, die kaum mehr kontrollierbar sind.
1,5 Milliarden Euro fließen jährlich für NGOs
Bereits bei der Sichtung der Daten stießen die Prüfer auf ein Problem. Eine zentrale Übersicht, wohin und wie viele Gelder fließen, existiert nicht. Auch die Vergabe erfolgt nach äußerst undurchsichtigen, teils willkürlichen Kriterien. Laima Andrikienė, die Leiterin der Untersuchung, faßt es nüchtern zusammen: Die EU-Finanzierung für NGOs sei „undurchsichtig und leidet an einem eklatanten Mangel an Transparenz“. Für die nüchterne, eher zurückhaltende Rechnungsprüferin ein hartes Urteil. Es ist die Höhe an aufgewendeten Steuergeldern, die fassungslos macht, denn die EU läßt sich das NGO-Dickicht etwas kosten: Mit schätzungsweise 1,5 Milliarden Euro jährlich wird hier etwas unterstützt, von dem niemand so genau sagen kann, was. Kritiker sehen nicht nur Verschwendung am Werk, sondern einen systematischen Mißbrauch von Steuergeldern.
Die Grenze zwischen Mißwirtschaft und Bürokratieirrsinn ist fließend. Eine Abgrenzung wird durch die unübersichtliche Struktur noch verschärft. Finanzierungsdaten sind über mehrere Internetseiten und Datenbanken verstreut, was einen kohärenten Überblick unmöglich macht. Der Rechnungshof stellt etwa fest, daß die fragmentierten Veröffentlichungspraktiken Transparenz behindern und Einsichten einschränken – ob gewollt oder nicht. Von über 4.400 NGOs, die zwischen 2014 und 2023 gefördert wurden, erhielten nur 30 Organisationen mehr als 3,3 Milliarden Euro – über 40 Prozent der Gesamtsumme.
Der Rest versickert in vielen kleinen Vereinen und entgeht so fast jeder Rechenschaftspflicht. Der vielgepriesene Pluralismus der EU gleicht hier eher einem Kartell von vielen ähnlich arbeitenden Kleingruppen. Trotz öffentlicher Erklärungen prüft die Kommission nicht proaktiv, ob diese NGOs EU-Werte einhalten. Verläßliche Daten darüber, was diese Einrichtungen mit Steuergeldern tun, gibt es nicht.
Intransparenz und Schlamperei in den Datenbanken
NGOs, die Lobbyarbeit betreiben – manchmal in direkten Treffen mit Abgeordneten und Kommissionsbeamten –, wurden in offiziellen Datenbanken geschönt, und in mindestens einem Fall gab es überhaupt keine Offenlegung, welche Lobbyarbeit betrieben wurde. Im Zeitraum 2021–23 wurden über 90 Prozent der Empfänger im Finanztransparenzsystem (FTS) nicht korrekt kategorisiert.
NGOs wurden als Privatunternehmen falsch oder oft gar nicht gekennzeichnet: In einer Stichprobe fanden die Prüfer 70 Einrichtungen, die im Rechnungswesen der Kommission nicht als NGOs gekennzeichnet waren, obwohl andere Register dies anzeigten.
Auch bei der Aktualität hapert es: In einem Fall wurden in einem Zuschußvertrag 549 Millionen Euro zugesagt, aber das entsprechende System meldete nur 317 Millionen Euro. Kein Buchungsfehler laut den Rechnungsprüfern, sondern eine komplette Abwesenheit jeder Kommunikation zwischen den einzelnen Stellen.
Kommission bemüht sich um Schadensbegrenzung
Schlimmer noch, ein Großteil der Finanzierung entzieht sich der EU-Kontrolle vollständig. Unter der sogenannten geteilten Verwaltung mit den Mitgliedstaaten gingen zwischen 2021 und 2023 2,6 Milliarden Euro an etwa 7.500 NGOs. Konsolidierte EU-weite Daten darüber, wie dieses Geld ausgegeben wurde, existieren nicht, viele Millionen verschwinden unauffindbar. Der Rechnungshof bezeichnet die gesamte Förderstruktur zurückhaltend als „unvollständig, inkonsistent und unzeitgemäß“.
Als Reaktion auf das wachsende Reputationsrisiko erließ die Kommission im Mai 2024 stillschweigend eine Anleitung, um zu verhindern, daß NGOs dazu verpflichtet werden, bei EU-Institutionen zu lobbyieren. Daß ein solches Verbot überhaupt notwendig war, sagt bereits alles – offensichtlich ahnte man in der Kommission, wie undurchsichtig und skandalträchtig die EU-Förderindustrie ohnehin schon war.
Frank Furedi, Geschäftsführer des MCC Brussels, eines der ungarischen Regierung nahestehenden Thinktanks, sieht bei der Undurchsichtigkeit, die der Bericht aufdeckt, ein System. Hier seien „Macht und Ressourcen von wenigen bevorzugten Akteuren monopolisiert“ worden, während „die Öffentlichkeit im dunkeln gelassen“ werde.
„Die EU predigt Transparenz“
Die Vorwürfe wiegen in der Tat schwer, denn der Bericht zeigt, daß viele geförderte NGOs ihre Aktivitäten nur vage beschreiben, während die EU-Kommission kaum nachhakt. Ob das nun Schluderei ist oder bereits Absicht, will der Bericht nicht abschließend klären, andere am Förderwesen Beteiligte sind hier unter dem Schutz der Anonymität willens, etwas weiterzugehen. Denn die Finanzierung scheint politisch gelenkt. Gelder gehen etwa bevorzugt an Organisationen, die den linksliberalen Mainstream bedienen – etwa in den Bereichen Klimapolitik oder Migration. Ein EU-Insider läßt sich dazu in der Brüsseler Presse anonym mit der Aussage zitieren, die Kommission finanziere „nicht Projekte, sondern Ideologien“.
Für die politische Opposition im EU-Parlament ist das Grund genug, um auf die Barrikaden zu gehen. Die Fraktion Patriots for Europe (PfE) hat Klage gegen die EU-Behörde für die Finanzierung politischer Parteien erhoben. Sie wirft Brüssel vor, Steuergelder gezielt einzusetzen, um ideologische Verbündete zu stärken und Gegner auszubremsen. Solche Praktiken seien ein „direkter Angriff auf die demokratische Neutralität“, die die EU eigentlich verkörpern sollte. „Die EU predigt Transparenz, aber hinter verschlossenen Türen werden Milliarden ohne Kontrolle verschleudert“, so ein PfE-Sprecher.