TIFLIS. Die russische Regierung hat bestritten, sich in die Wahlen in Georgien eingemischt zu haben. „Wir weisen derartige Vorwürfe entschieden zurück“, betonte Kremlsprecher Dimitri Peskow am Montag der russischen Nachrichtenagentur TASS zufolge. Es sei Mode geworden, sein Land für alle möglichen schlechten Einflüsse zu beschuldigen. „Diese Anschuldigungen entbehren jeglicher Grundlage; es gab keine Einmischung, das ist nicht wahr“, betonte Peskow.
Nach der Parlamentswahl in Georgien am Sonntag hatte die Präsidentin des Landes, Salome Surabischwili, den Verdacht geäußert, Rußland habe den Urnengang im großen Stil beeinflußt, um die verhältnismäßig kremlfreundliche Regierung von Premierminister Irakli Kobachidse (Georgischer Traum) zu stützen.
Georgiens Präsidentin: „Das war eine russische Spezialoperation“
Der Grad an Manipulation bei dieser Wahl sei beispiellos gewesen: „Alle Mittel, von denen wir in diesem Land schon einmal etwas gehört haben, wurden in einem doppelten Spiel verwendet.“ Surabischwili bezog sich insbesondere auf das neue elektronische Wahlsystem, das mißbraucht worden sei. Die Wähler-ID-Karten seien teilweise benutzt worden, um zehn, 15 oder 17mal zu wählen, so die in Frankreich geborene Politikerin. Was da am Sonntag in Georgien passiert sei, sei eine „russische Spezialoperation“ gewesen.
Georgiens Premierminister Kobachidse zeigte sich in einer ersten Wortmeldung unbeeindruckt von den Vorwürfen. Der BBC gegenüber bezeichnete er vereinzelte Wahlrechtsverstöße als völlig normal. „Es ist das große ganze Bild, das zählt“, betonte der Vorsitzende der Partei „Georgischer Traum“, die sich nach eigenen Angaben um ein pragmatisches Verhältnis um Rußland bemüht – allerdings in den vergangenen Monaten mit einem Gesetz über „ausländische Agenten“ für Aufsehen gesorgt hatte, das Parallelen zur russischen Innenpolitik aufweist.
OSZE spricht von angespannter Wahlatmosphäre
Die OSZE, die die Parlamentswahl mit insgesamt 529 Beobachtern aus 42 Ländern beobachtet hat, sprach derweil von einer „tiefen Polarisierung“ von „Druck“ und von „Spannungen“ am Wahltag. „Während des Wahlkampfes hatten die Wähler zwar eine breite Palette von Bewerbern zur Auswahl, doch reicht dies nicht aus, um internationalen demokratischen Grundsätzen zu genügen“, betonte die Organisation in einer ersten Einschätzung des Votums.
Die Medien des Landes würden nach wie vor nicht sachlich berichten. Vor allem im ländlichen Raum habe es Einschüchterungsversuche gegeben. In manchen Distrikten seien Zweifel an der Neutralität der Wahlbehörden angebracht.
USA und EU rufen Tiflis zur Mäßigung auf
Die Vereinigten Staaten riefen die Regierung in Tiflis unterdessen zur Einhaltung der Rechtsstaatlichkeit auf. „Internationale Wahlbeobachter haben das Wahlergebnis nicht als frei und fair zustande gekommen bezeichnet“, heißt es in einem am Sonntag veröffentlichen Statement von Außenminister Anthony Blinken (Demokraten). Washington verurteile alle Verstöße gegen internationale Normen und schließe sich den Forderungen nach einer umfassenden Untersuchung von etwaigen Wahlrechtsverstößen an.
Die EU wiederum pochte in einer ersten Stellungnahme auf Dialog zwischen den verschiedenen georgischen Parteien. Gesetzesvorhaben, welche den fundamentalen Rechten der georgischen Bürger und den Prinzipien, auf denen sich die EU gründe, widersprächen, müßten zurückgenommen werden. (fw)