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Großbritannien: Farage bringt Wind ins alte House of Commons

Großbritannien: Farage bringt Wind ins alte House of Commons

Großbritannien: Farage bringt Wind ins alte House of Commons

Der Reformabgeordnete NIGEL FARAGE steht zwischen den Traktoren, die während der Kundgebung in Whitehall geparkt sind. Landwirte und ihre Anhänger versammeln sich zum zweiten Mal innerhalb eines Monats in der Londoner Whitehall gegenüber der Downing Street, um gegen die neuen Erbschaftssteuerregelungen zu protestieren, die von Labour-Kanzlerin RACHEL REEVES in ihrem Herbsthaushalt eingeführt wurden. Landwirte müssen ab 2026 20 % Erbschaftssteuer auf Vermögen über 1 Million Euro zahlen, anstatt es steuerfrei an ihre Familienmitglieder weiterzugeben. Die Landwirte beklagen sich, dass sie nicht reich sind und dass derartige Steuerrechnungen dazu führen werden, dass Familienbetriebe Grundstücke oder andere Vermögenswerte verkaufen müssen, um die Rechnungen zu bezahlen. Nigel Farage zwischen zwei Traktoren in London: Der Reform-Chef unterstützt die britischen Bauern. Foto: picture alliance / ZUMAPRESS.com | Martin Pope
Der Reformabgeordnete NIGEL FARAGE steht zwischen den Traktoren, die während der Kundgebung in Whitehall geparkt sind. Landwirte und ihre Anhänger versammeln sich zum zweiten Mal innerhalb eines Monats in der Londoner Whitehall gegenüber der Downing Street, um gegen die neuen Erbschaftssteuerregelungen zu protestieren, die von Labour-Kanzlerin RACHEL REEVES in ihrem Herbsthaushalt eingeführt wurden. Landwirte müssen ab 2026 20 % Erbschaftssteuer auf Vermögen über 1 Million Euro zahlen, anstatt es steuerfrei an ihre Familienmitglieder weiterzugeben. Die Landwirte beklagen sich, dass sie nicht reich sind und dass derartige Steuerrechnungen dazu führen werden, dass Familienbetriebe Grundstücke oder andere Vermögenswerte verkaufen müssen, um die Rechnungen zu bezahlen. Nigel Farage zwischen zwei Traktoren in London: Der Reform-Chef unterstützt die britischen Bauern. Foto: picture alliance / ZUMAPRESS.com | Martin Pope
Nigel Farage zwischen zwei Traktoren in London: Der Reform-Chef unterstützt die britischen Bauern. Foto: picture alliance / ZUMAPRESS.com | Martin Pope
Großbritannien
 

Farage bringt Wind ins alte House of Commons

Ins britische Zweiparteien-System drängt sich eine Dritte. Nigel Farages „Reform“ wird für die Konservativen und Labour immer gefährlicher. Der Brexit-Vorkämpfer schmiedet dafür neue Allianzen.
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Das britische Parteiensystem gerät in Bewegung. Auf der Rechten ist die Protestpartei Reform UK, angeführt von Brexit-Vorkämpfer Nigel Farage, derzeit mächtig im Aufwind. Eine Meinungsumfrage sah Reform mit 24 Prozent sogar erstmals vor der regierenden Labour-Partei, die auf 23 Prozent gefallen ist. Die Konservativen, bei der Wahl im Juli brutal abgestürzt, liegen laut dieser Umfrage nun auf dem ersten Platz mit 26 Prozent. Doch die Tories spüren den heißen Atem ihres Verfolgers Farage, der sie als stärkste Kraft rechts der Mitte ablösen will. Reform UK, die bei der Wahl im Juli mit vier Millionen Stimmen fünf Sitze in Westminister erringen konnte, hat schon mehr als 100.000 Mitglieder gewonnen.

Fast täglich kommen prominente Neuzugänge dazu. Vor kurzem schloß sich Tim Montgomerie an, Gründer der einflußreichen Debattenseite Conservative Home. Mitte Dezember wurde der konservative Immobilienunternehmer Nick Candy Mitglied von Reform. Der Milliardär verspricht Millionenspenden und will der Partei als Schatzmeister dienen. Zuvor schon präsentierte Farage die ehemalige Tory-Abgeordnete Andrea Jenkyns als neues Mitglied. Die Jury des Magazins The Spectator wählte Farage zum „Newcomer des Jahres“ bei ihrem jährlichen Wettbewerb „Parlamentarier des Jahres“. Aus Sicht der Tories braut sich eine immer stärkere Gefahr zusammen. Sie können Reform UK nicht mehr als Eintagsfliege abtun.

Farage beunruhigt Labour und Tories

Auch in der Labour-Partei von Premierminister Keir Starmer blicken viele besorgt in Richtung Reform UK. Die Wählerschaft ist in Umfragen abgestürzt. Seit der Wahl im Juli ging es bergab. Die Affäre um geschenkte Designeranzüge für Starmer und andere Labour-Größen hat geschadet. Die Wirtschaft lahmt und ist verärgert über die steigenden Steuern; die rekordhohe Immigration geht weitgehend unkontrolliert weiter. Wütende Bauern, die gegen eine neue Erbschaftssteuer protestieren, fuhren mit ihren Traktoren nach Westminster. Der Gesundheitsdienst NHS mit einer unglaublich langen Warteliste wird nicht besser. Der hölzerne, uncharismatische Premier wirkt hilflos angesichts der Probleme.

Die Wähler seien „verärgert“ und „ungeduldig“, mußte Labours Vizepremierministerin Angela Rayner angesichts der schlechten Umfragewerte zugeben. Auch in Wales, wo Labour traditionell die stärkste Kraft ist, droht der Partei „ein Desaster“, wie die parteinahe Zeitschrift New Statesman warnend schreibt. Umgekehrt könnte der kleine westliche Landesteil für Reform UK zum Sprungbrett werden nach der nächsten Wahl. Labour und Tories müssen das Reform-Gespenst gleichermaßen fürchten.

„Wacht auf und riecht den Kaffee“

Bei der Spectator-Gala in London gab sich Farage wie gewohnt höchst selbstbewußt, formulierte eine Warnung an das Establishment in Westminster. „Ich habe eine etwas schockierende Nachricht für Sie: Wenn Sie denken, daß ich und vier weitere Leute, die Newcomer im Parlament bei den diesjährigen Wahlen, ein Schock waren, dann tut es mir sehr leid, aber bei der nächsten Wahl 2029 oder davor wird es Hunderte Newcomer von Reform UK geben.“ Zwar lachte die anwesende Politprominenz gekünstelt-heiter, aber vielen wird doch langsam bange.

Zumal sich Farage nun demonstrativ mit den Bauern bei deren erneuten Protesten gegen die geplante Erbschaftssteuer und weitere Abgaben solidarisierte. Im Gespräch mit dem Express warnte Farage, daß die derzeitige Regierung „alle 100 Sitze“ in den ländlichen Gebieten des Landes verlieren werde, wenn sie ihre Pläne nicht verwerfe. Er fügte hinzu: „Wacht auf und riecht den Kaffee“,  und kritisierte die Labour-Abgeordneten als „abgehobener“ als je zuvor in der 800jährigen Geschichte des Parlaments.

Aus der JF-Ausgabe 52/24-01/25.

Nigel Farage zwischen zwei Traktoren in London: Der Reform-Chef unterstützt die britischen Bauern. Foto: picture alliance / ZUMAPRESS.com | Martin Pope
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