BERLIN. Nigerias Prinz Okpame-Edward Oronsaye hat Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) in Zusammenhang mit der Rückgabe der Benin-Bronzen Unwissenheit vorgeworfen. „Es tut mir leid, aber Ihre Außenministerin ist zu jung. Sie hat keine Erfahrung, und manchmal merkt man das, wenn sie spricht“, monierte er am Wochenende im Gespräch mit der Berliner Zeitung.
Vergangenen Sommer hatten sich Nigeria und die Stiftung Preußischer Kulturbesitz auf die Rückgabe der afrikanischen Kunstgegenstände geeinigt. Baerbock und ihre Partreifreudin, Kulturstaatsministerin Claudio Roth, reisten eigens für die feierliche Übereignung im Dezember nach Nigeria.
Prinz zu deutschen Bauplänen: „Das ist nicht unser Museum“
„Es war falsch, sie zu nehmen, und es war falsch, sie zu behalten. Dies ist eine Geschichte des europäischen Kolonialismus. Es ist eine Geschichte, in der unser Land eine dunkle Rolle spielte und in verschiedenen Teilen Afrikas großes Leid verursachte“, sagte Baerbock während der Übergabezeremonie. Vergangene Woche wurde schließlich bekannt, daß Nigeria die Sammlung an den König von Benin, den Oba Ewuare II., übergeben hat.
Der Adelige Okpame-Edward Oronsaye aus dem Stamm der Edo zeigte sich unterdessen über Stimmen empört, die die Übertragung der Kunstschätze durch die Regierung in Abuja an den König kritisierten: „Hören Sie auf, die Intelligenz des Volkes der Edo zu beleidigen!“ Das von Deutschland bereits mit vier Millionen Euro bezuschußte „Edo Museum for African Art“ sei nicht „unser Museum“, betonte der Prinz.
The architectural vision is to use archaeology as a means of connecting the new museum into the surrounding landscape, by revitalizing and incorporating the surviving remains of the walls, moats and gates of the historic city, seen throughout the city today. #EMOWAA pic.twitter.com/ZfojW9jtce
— Emowaa (@EMOWAA_) November 15, 2020
Die Schätze könnten außerdem gar nicht an das nigerianische Volk übertragen werden, weil es dieses Volk gar nicht gebe. In dem westafrikanischen Land lebten 250 Volksstämme zusammen, von denen sich fast niemand als Nigerianer betrachte. Deutschland müsse sich zudem keine historischen Vorwürfe wegen der Bronzen machen, da diese nicht von Deutschen, sondern von Briten entwendet worden seien.
Stiftungschef Parzinger: Wir können da nichts machen
Der Leiter der Preußenstiftung, Hermann Parzinger, wies indes alle Verantwortung für die Entwicklung der Ereignisse von sich. „Zunächst muß man sagen, daß wir die Eigentumsrückübertragung vorgenommen haben, weil es völlig unbestritten ist, daß diese Artefakte in einem klaren Unrechtskontext erworben worden sind. Deshalb kann man bei der Rückgabe auch keine Bedingungen stellen“, stellte Parzinger am Samstag im Gespräch mit der Berliner Zeitung klar.
In dem Vertragswerk zwischen der Stiftung Preußischer Kulturbesitz und Nigeria hatte sich die Stiftung tatsächlich auf eine „bedingungslose Restitution“ verpflichtet. Der Schritt geschehe „in der Überzeugung, daß die Rückgabe der Benin-Bronzen an Nigeria einen wichtigen Beitrag zur Anerkennung der Kolonialvergangenheit leistet und die künftige Zusammenarbeit zwischen deutschen Museen und Akteuren in Nigeria stärkt.“
Parzinger will Benin-Sklavenhandel nicht bewerten
Parzinger zeigte sich jedoch überzeugt, daß die Bronzen trotz des Besitzerwechsels der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden. Einwürfen, daß sich das Königreich Benin historisch durch Sklavenhandel mit den Europäern selbst belastet habe, begegnete der Kulturfunktionäre zurückhaltend. „Es ist nicht so einfach mit Schwarz-Weiß oder Täter-Opfer-Schemata“, mahnte er.
Das sei eine komplexe Geschichte, von der sich weder die Europäer noch das Königreich Benin freisprechen könnten. „Aber das entbindet uns jedenfalls nicht, diese eindeutig in einem Gewaltkontext geraubten sogenannten Benin-Bronzen zurückzugeben“, stellte Parzinger klar.
Nachfahren von Benin-Sklaven protestieren gegen Übereignung
Zuletzt hatten die Nachfahren der durch das Königreich Benin gehandelten Sklaven gegen die Übergabe der Bronzen an Nigeria protestiert. „Der Verlust der Benin Bronzen im Jahr 1897 beendete eine ganze Reihe von Jahrhunderten, in denen Sklaven auf den Altären des Königreichs Benin geopfert wurden“, erläuterte die Juristin Deadria Farmer-Paellmann, in einem Beitrag auf Twitter, ihre Bedenken.
THEY BELONG TO ALL OF US:
The Benin Bronze Slave Trade Story
To learn more: https://t.co/wLLMIdXnti pic.twitter.com/KH5WSTwo3D— Deadria Farmer-Pa… (@deadriafp) February 17, 2023
Jetzt wollten die Nachfahren der einstigen Sklavenhalter die Bronzen zurückhaben, ohne sie mit denen der Sklaven zu teilen. (fw)