KIEW. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat die Kritik von Amnesty International (AI) an der Kriegstaktik der ukrainischen Armee zurückgewiesen. Die Organisation wolle „eine Amnestie für den terroristischen Staat erlassen und die Verantwortung des Aggressors dem Opfer zuschieben“, sagte Selenskyj in seiner täglichen Ansprache.
Der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine sei „ungerechtfertigt, invasiv und terroristisch“, betonte der Präsident. „Wenn jemand einen Bericht anfertigt, in dem Opfer und Angreifer gewissermaßen auf eine Stufe gestellt werden, wenn gewisse Dinge über das Opfer analysiert und die Taten des Angreifers ignoriert werden, dann kann das nicht toleriert werden.“
Amnesty hatte der ukrainischen Armee in einem am Donnerstag veröffentlichten Bericht vorgeworfen, durch ihre Militärtaktik unnötig Zivilisten zu gefährden. Kiews Soldaten hätten „wiederholt aus Wohngebieten heraus operiert“, monierte Janine Uhlmannsiek, zuständig für Europa und Zentralasien bei Amnesty International Deutschland. Das ukrainische Vorgehen bewertete AI als einen „Verstoß gegen humanitäres Völkerrecht“, das nicht durch den „völkerrechtswidrigen russischen Angriffskrieg“ gerechtfertigt werde.
Nach unseren Untersuchungen haben ukrainische Truppen Stützpunkte in Wohngebieten errichtet & von dort aus – zum Teil aus Schulen und Krankenhäusern – Angriffe durchgeführt.
Das ist ein Verstoß gegen humanitäres Völkerrecht. #Ukraine #Russland #Russiahttps://t.co/YmUTEs9Uwv
— Amnesty Deutschland (@amnesty_de) August 4, 2022
Ukrainischer Ableger distanziert sich
Die internationale AI-Generalsekretärin, Agnès Callamard, kritisierte: „Wir sehen hier ein Muster, mit dem die ukrainischen Truppen bei ihren Einsätzen aus Wohngebieten heraus die Zivilbevölkerung in Gefahr bringen und das Kriegsrecht verletzen.“ Daß sich die Ukraine in einer Verteidigungsposition befände, entbinde das ukrainische Militär nicht von der Pflicht, sich an humanitäres Völkerrecht zu halten.
Alle Konfliktparteien müßten jederzeit zwischen militärischen Zielen und zivilen Objekten unterscheiden und alle realisierbaren Vorkehrungen treffen, um den Schaden für die Zivilbevölkerung zu minimieren. Hierzu zähle auch die Auswahl der geeigneten Waffen. Wahllose Angriffe, bei denen Zivilpersonen getötet oder verletzt oder zivile Objekte beschädigt würden, seien Kriegsverbrechen. Zudem stellte AI klar, daß die ukrainische Verteidigungstaktik „in keiner Weise“ die „vielen wahllosen Schläge des russischen Militärs mit zivilen Opfern“ rechtfertige. Die Menschenrechtsorganisation bezeichnete Rußlands Angriffe als „Kriegsverbrechen“.
#BREAKING THREAD Head of Amnesty Ukraine @OPokalchuk says, that today’s report by @amnesty was NOT prepared by Amnesty UKR. Further scandalous facts:
1) Data used by Amnesty Intl did not come not from Amnesty Ukraine, but from some international researchers (obviously parachuted) pic.twitter.com/ITTiFZUhmT— Sergej Sumlenny (@sumlenny) August 4, 2022
Der ukrainische AI-Ableger distanzierte sich von dem Gutachten. Es sei auf Grundlage von Daten ausländischer Forscher erstellt worden, das ukrainische Büro sei nicht an der Vorbereitung oder dem Schreiben des Textes beteiligt gewesen. „Argumente unseres Teams über die Unzulässigkeit und Unvollständigkeit solchen Materials“ seien nicht berücksichtigt worden. (st)