AMSTERDAM. Die seit Wochen andauernden Proteste niederländischer Bauern haben mittlerweile Teile der Infrastruktur des Landes lahmgelegt. Der Zentrale Verband des Lebensmittelhandels warnt vor Versorgungsengpässen, seitdem Landwirte Distributionszentren von Supermärkten blockieren.
Grund für die massiven Proteste ist eine neue Stickstoffverordnung. Die Niederlande verpflichten sich hier zur Einhaltung der EU-Richtlinien, was für den traditionell sehr intensiv wirtschaftenden Agrarsektor eine teilweise drastische Reduktion des Stickstoffausstoßes um bis zu siebzig Prozent in Schutzgebieten bedeutet.
Der Agrarsektor wird weggefegt
„Wir stehen kurz davor, daß in den Niederlanden der gesamte Agrarsektor so gut wie weggefegt wird aus diesem Land“, sagte die Sprecherin der Bauernpartei „Boer Burger Beweging“, Caroline van der Plas. Landwirte stehen demnach nun oft vor der Wahl, auf Öko-Landbau umzustellen, umzuziehen oder den Betrieb komplett aufzugeben.
Vor allem Viehzüchter werden von der neuen Regelung hart getroffen. Rund ein Drittel von ihnen wird die Arbeit einstellen müssen, schätzt die Regierung. Bei der Beratung des Gesetzes vergangenen Dienstag im Parlament in Den Haag blockierten wütende Bauern Teile der Innenstadt. Landesweit legten sie an mehreren Stellen den Verkehr lahm.
Bauern leeren Gülletank vor Privathaus der Ministerin
Besonderen Zorn zog dabei Umweltministerin Christianne van der Wal von der liberalkonservativen VVD auf sich, vor deren Privathaus demonstriert wurde. Ein Traktorfahrer durchbrach dabei die Absperrung, andere blockierten und beschädigten Polizeifahrzeuge und entleerten einen Gülletank.
„Machen Sie einen Rückzieher von diesen desaströsen Plänen, reden Sie mit uns über eine fundamental andere Politik“, verlangte einer der Bauernanführer, Bart Kemp, von der Ministerin. „Lassen Sie die friedlichen Bauern-Aktionen nicht in einen Bauernaufstand eskalieren.“ Nach derzeitigem Stand befürwortet jedoch eine Parlamentsmehrheit das Gesetz.
Nachdem sich Fischer mit den Demonstrationen solidarisierten und einige Häfen blockierten, ist auch der Fährverkehr zu den Wattinseln weitgehend zum Erliegen gekommen. Die Polizei warnte, daß die bisher friedlichen Proteste nicht mehr zentral organisiert sind und sich nun radikalisieren könnten. (JF)