BRÜSSEL. Im Streit um den UN-Migrationspakt ist die belgische Regierungskoalition zerbrochen. Die flämische Partei N-VA, die bei ihrer strikten Ablehnung des Migrationspakts blieb, verläßt die Vier-Parteien-Koalition. Zuvor hatte die N-VA bereits mit dem Platzen des Bündnisses gedroht für den Fall, daß Ministerpräsident Charles Michel zur Konferenz der Vereinten Nationen nach Marokko reisen werde.
„Ich glaube, daß wir formal gesprochen zurücktreten“, sagte der bisherige Innenminister Jan Jambon (N-VA) dem flämischen Sender VRT. „Wir haben gesagt, wenn die Koalition nach Marrakesch geht, dann ohne uns.“ Jambon hatte auch den Posten des Regierungsvize inne.
Bart De Wever: „Keinen Zweck“ mehr, weiter mitzumachen
Ministerpräsident Michel von der liberalen wallonischen Partei versucht nun, mit einer Minderheitsregierung im Amt zu bleiben. Bei einem Gespräch mit dem belgischen König hat er bereits angekündigt, sein Kabinett ohne die Minister der flämischen N-VA umzubilden. Wie Michel Mehrheiten im Parlament organisieren will, blieb am Sonntag noch unklar.
Bei einer Krisensitzung am Samstag abend sollte eigentlich ein Ausweg aus der sich zuspitzenden Situation gefunden werden. N-VA-Vorsitzender Bart De Wever sagte nach dem Treffen vor Journalisten, wenn seine Partei in der Regierung „keine Stimme“ mehr habe, dann habe es auch „keinen Zweck“ mehr, weiter mit zu regieren. Die rechtsgerichtete flämische N-VA stellt im Parlament die stärkste Kraft.
Vlaams Belang auch gegen UN-Pakt
Der frankophone Ministerpräsident Michel will das Abkommen morgen in Marrakesch für Belgien formell annehmen. Er hatte angekündigt, trotz des Widerstands der N-VA nach Marokko zu reisen.
Vergangenen Donnerstag hatte das Parlament mit einer Mehrheit von 107 zu 36 Stimmen eine Teilnahme am Migrationspakt beschlossen. Außer der N-VA stimmte auch der rechte Vlaams Belang dagegen. Für das internationale Regelwerk votierten die drei anderen Koalitionspartner: neben der liberalen wallonischen Reformbewegung (Mouvement Réformateur) von Premier Michel auch die flämischen Liberalen sowie die Christdemokraten. Im Mai kommenden Jahres stehen reguläre Parlamentswahlen an. (ru)