ATHEN. Eine Beratungsorganisation für Flüchtlinge ist nach den Vorwürfen, sie würde Asylsuchende zum Täuschen anstiften, auf Tauchstation gegangen. Die Nichtregierungsorganisation „Advocates Abroad“, die Flüchtlinge rechtlich berät, deaktivierte am Dienstag ihre Social-Media-Kanäle.
Zuvor hatte die YouTuberin Lauren Southern ein Video veröffentlicht, das unter anderem ein heimlich mitgeschnittenes Interview mit der „Advocates“-Sprecherin Ariel Ricker zeigt. Sie schildert darin, wie ihre Mitarbeiter Flüchtlinge darauf vorbereiten, glaubhaft um Asyl zu bitten.
„Um durchzukommen, müssen sie ihre Rolle in dem Theaterstück spielen“
„Ich erzähle ihnen, es ist ein Schauspiel, alles Schauspielerei, wie in einem Theater. Also um durchzukommen, müssen sie ihre Rolle in dem Theaterstück spielen. Und das ist der traumatisierte Flüchtling“, sagt Ricker in dem zehnminütigen Clip. Die Juristen orientierten sich dabei an die Richtlinien des Europäischen Unterstützungsbüros für Asylfragen (EASO). Die EU-Agentur mit Sitz in Valletta unterstützt vor allem überforderte Mitgliedsstaaten bei Asylfragen.
„Diese EASO‐Offiziellen sind so verdammt dumm. Die wissen nur, was auf dem Papier steht: ‘Das ist ein traumatisierter Flüchtling, er hat diese Charakterzüge.’ Also bringen wir den Leuten bei, wie sie diese Charakterzüge bekommen“, gibt Ricker zu. Dazu würden auch Erlebnisse samt Orts- und Datumsangaben konstruiert, weil diese vor den Behörden glaubhafter wirkten.
Flüchtlinge sollen christliche Identität vortäuschen
Nicht-christlichen Asylsuchenden würde eine christliche Identität verpaßt, erzählt die Flüchtlingshelferin. „Sie fragen auch solche Dinge wie: ‘Was ist Ihr liebster Feiertag’ und manche Leute sagen da einfach ‘Weihnachten’. Wir erklären ihnen, das kannst du nicht sagen, das ist keine ausreichende Antwort. Du mußt das auf eine bestimmte Art sagen, wie: ‘Der 25. Dezember, das ist Weihnachten, der Geburtstag unseres Herrn und Retters.”
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„Advocates Abroad“: „Stark bearbeitete Version einer nicht-öffentlichen Unterhaltung“
Kurze Zeit nachdem das Video publik geworden war, veröffentlichte „Advocates Abroad“ eine Stellungnahem auf ihrer Facebook-Seite. Der Film zeige eine „stark bearbeitete Version einer nicht-öffentlichen Unterhaltung, die heimlich und ohne Einverständnis gefilmt wurde“, teilte die Organisation mit. Das Video werde für eine „Anti-Flüchtlings- und Anti-Menschenrechts-Agenda mißbraucht“. Anschließend deaktivierte sie ihren Facebook- und Twitter-Account.
„Advocates Abroad“ startete eigenen Angaben zufolge im Februar 2016 im griechischen Ort Idomeni. Seither seien die Flüchtlingshelfer 480 Mal in vier verschiedenen Ländern aktiv gewesen und hätten mehr als 17.500 Asylsuchenden „über ihre Rechte informiert“. (ls)