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Kampf um Mossul: IS im Würgegriff

Kampf um Mossul: IS im Würgegriff

Kampf um Mossul: IS im Würgegriff

Peschmerga
Peschmerga
Peschmerga: Unterstützen die Befreiung Moussuls Foto: dpa
Kampf um Mossul
 

IS im Würgegriff

Der Vormarsch auf Mossul dauert an. Seit Beginn der Offensive vor einer Woche hat die Terrortruppe über 50 Siedlungen verloren. Der IS versucht, dem Angriffsdruck mit Attacken in benachbarten Provinzen zu begegnen. USA und Rußland stecken in der Zwickmühle; de facto unterstützen sie beide Seiten des Konflikts. Und Europa befürchtet die Rückkehr Tausender Dschihadisten.
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Der Vormarsch der irakischen Armee, unterstützt von kurdischen Peschmerga, schiitischen, vom Iran unterstützten Milizen und westlichen Spezialkräften gegen die Truppen des „Islamischen Staats“ (IS) wurde auch am Wochenende fortgesetzt. Am Samstag gab die Regierung in Bagdad die Einnahme der ursprünglich christlichen Ortschaft Karakosch bekannt.

Zwei Jahre hatte der IS in der Stadt geherrscht. Seit Beginn der Offensive vor einer Woche hat die Terrortruppe über 50 Siedlungen verloren. Im Norden der zweitgrößten irakischen Stadt Mossul, die neben dem syrischen Raqqa als IS-Hauptstadt gilt, ist die Front bis auf neun Kilometer an die Außenbezirke der Stadt herangerückt.

IS attackiert benachbarte Provinzen

Auch östlich von Mossul toben Kämpfe. Am Sonntag meldete die Peschmerga die Einnahme des Ortes Bashiqa, einer letzten Bastion vor der Ninive-Ebene mit freiem Zugang nach Mossul. Gemeinsam mit kurdischen Milizen kämpfen an dieser Front die Soldaten eines türkischen Expeditionskorps, das seit 2015 bei Bashiqa stationiert ist.

Der IS versucht, dem Angriffsdruck mit Attacken in benachbarten Provinzen zu begegnen. Feuergefechte in der Ölstadt Kirkuk 170 Kilometer südöstlich von Mossul forderten am Freitag mindestens 70 Todesopfer. Noch am Sonntag war unklar, ob der Angriff zurückgeschlagen werden konnte. Auch in Rutba 150 Kilometer vor der irakisch-jordanischen Grenze kam es zu heftigen Gefechten.

Panische Flucht

Der Bürgermeister sprach von IS-Angriffen aus drei Richtungen. An die Regierung in Bagdad sandte er die dringende Bitte um Verstärkung. Rutba war erst vor vier Monaten durch Regierungstruppen dem IS entrissen worden. Anders als während des IS-Siegeszugs vor zwei Jahren ist die Regierungsarmee den kleinen, mobilen IS-Einheiten dieses Mal insgesamt besser gewachsen.

Dennoch werden auch jetzt Fälle von panischer Flucht vor angreifenden IS-Kämpfern gemeldet. Besonders gefürchtet sind die Selbstmordattentäter, die ihre mit Sprengstoff beladenen Fahrzeuge mitten in die angreifenden Truppen hineinlenken. Die Ortschaften, aus denen der IS sich zurückzieht, sind wahre Minenfelder und dazu gespickt mit Sprengfallen.

Sondersteuern fürs Kalifat

Auch Scharfschützen, die über einen Kilometer hinweg exakt treffen, verbreiten Angst und Schrecken. Am Wochenende wurde der Tod von zwei Journalisten und einem US-Soldaten gemeldet. Ein großes Problem des IS ist das Abbrechen seiner finanziellen Basis.

Die meisten Ölfelder, die der Terrorstaat in den vergangenen zwei Jahren ausbeuten konnte, befinden sich wieder unter Kontrolle der Regierung in Bagdad oder kurdischer Milizen. Nach Meldung irakischer Agenturen erhebt das vom IS errichtete „Kalifat“ inzwischen Sondersteuern und zwingt die Menschen in seinem Herrschaftsbereich zu erheblichen Geldspenden. Al Sumeria News spricht von „wachsendem Widerwillen und Unmut“ unter der Bevölkerung.

Tausende zurückgebliebene Dschihadisten

In den vom IS befreiten Ortschaften werden jeweils noch Hunderte zurückgebliebener Dschihadisten vermutet. Trotz der Repressionen während ihrer Herrschaft können diese Kämpfer auf Sympathien seitens der sunnitischen Bevölkerung rechnen – vor allem, wenn die Schiiten unter den neuen Herren, Teile der Regierungsarmee und vom Iran finanzierte Milizen – ihren Triumph in Form von Plünderungen und Misshandlungen an der Zivilbevölkerung auslassen.

Das große Ziel der vom Westen und von Rußland (via Iran) gleichermaßen unterstützten Anti-IS-Koalition ist jetzt die Eroberung der Stadt Mossul, in der noch rund eine Viertelmillion Zivilisten und mehrere Tausend IS-Kämpfer vermutet werden.

Familien als Schutzschilde

Beobachter erwarten Auseinandersetzungen von einer Intensität, die den Irakkrieg 2003 in den Schatten stellt. Hunderte Familien aus den umliegenden Ortschaften soll die Terrororganisation nach Mossul geschafft haben, um sie als lebende Schutzschilde einzusetzen.

Häuserkampf in Kombination mit Kamikaze-Aktionen, Tötung von Gefangenen und alle undenkbaren Grausamkeiten – im Krieg des barbarischen IS haben die Normen des humanitären Völkerrechts jede Gültigkeit verloren. Der Konflikt markiert den Beginn eines neuen Zeitalters, den Sturz aller Regeln der europäischen Zivilisation.

Türkei sorgt für Unruhe

Gleichzeitig sorgt die Türkei für neue Unruhe. Einem eindeutigen Verbot der Bagdader Regierung zuwider besteht Ankara darauf, sich an der Schlacht um Mossul zu beteiligen. Der Konflikt zwischen den beiden Nachbarländern um die rund 700 bei Bashiqa stationierten türkischen Soldaten schwelt seit einem Jahr.

Auch zwischen Türken und Kurden kriselt es; Experten glauben, daß es Ankara vor allem daran gelegen ist, einen souveränen Kurdenstaat auf irakischem Territorium zu verhindern. Die Steinzeitmuslime des IS spielen dabei die Rolle des Büttels, der die kurdischen Unabhängigkeitsbestrebungen gar nicht erst in den Himmel wachsen läßt.

Unterstützung beider Seiten

Das wiederum bringt die Türkei in Konfrontation mit dem NATO-Partner Vereinigte Staaten von Amerika, wo man die Kurden als zuverlässigste Verbündete gegen den IS ansieht. Ungeachtet dessen hat die Türkei die Terrororganisation lange Zeit durch den Import von billigem Rohöl aus den vom IS kontrollierten Gebiete massiv unterstützt.

Es sind die Türken und die Saudis, dort vor allem private Stiftungen und reiche Einzelpersonen, die den IS als Werkzeug im Kampf gegen ihre Gegner fördern: Ankara gegen die Kurden, Riyad gegen den Iran. Die Großmächte USA und Rußland stecken in der Zwickmühle; de facto unterstützen sie, finanziell und politisch, beide Seiten des Konflikts.

Europäische Politiker schauen in die Röhre

Saudi-Arabien ist seit Jahrzehnten der Garant der US-Präsenz im Nahen und Mittleren Osten. Und Rußland hat nach einem sechsmonatigen heftigen Konflikt mit der Türkei wieder Freundschaft geschlossen – eine Freundschaft, die aus Moskauer Sicht, aus verschiedenen Gründen, höchste Bedeutung genießt.

Das Bewußtsein, daß weder Washington noch Moskau seine Zuneigung riskieren werden, ermutigt den türkischen Präsidenten Erdogan zu höchst mutwilligen Aktionen. Die europäischen Politiker, von denen einige immer noch so tun, als besäßen sie in Ankara Autorität, schauen in die Röhre. Ihr Projekt, die Türkei durch wohlwollende Umarmungen für europäische Werte zu gewinnen, ist von der Geschichte längst zu Staub zermalmt.

Terroristen könnten nach Europa zurückkehren

Um so größer ist die Gefahr, daß die Niederschlagung des IS im Mittleren Osten den Rückstrom zahlloser brutalisierter Terroristen nach Europa auslöst. EU-Sicherheitskommissar Julian King warnte ebenso wie Bundesinnenminister Thomas de Maizière, bereits die Einnahme von Mossul könne eine derartige Welle auslösen.

Zehntausende Ausländer, Islamisten aus Nordafrika, Belgien, Frankreich, Deutschland, dem Nordkaukasus und vielen anderen Ländern werden mit der Niederlage des IS buchstäblich arbeitslos. Ein Schlupfloch zurück nach Europa werden sie finden; der Schengen-Raum ist für diese Klientel ein veritables Schlaraffenland.

Peschmerga: Unterstützen die Befreiung Moussuls Foto: dpa
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