BERLIN. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und Rußlands Präsident Wladimir Putin sollen angeblich an einem geheimen Plan zur Lösung der Ukraine-Krise arbeiten. Laut einem Bericht der englischen Zeitung The Independent basiert der Plan auf zwei Hauptpunkten: Die Anerkennung der russischen Krim-Annexion, wofür die Ukraine im Gegenzug Gas aus Rußland erhalten würde, und die Stabilisierung der Grenzen.
Die Zeitung stützt sich in ihrem Bericht auf Quellen, die mit den Verhandlungen vertraut sind. Rußland müßte demnach jegliche finanzielle und militärische Unterstützung der prorussischen Separatisten im Osten der Ukraine einstellen. Im Gegenzug würde der ukrainische Präsident Petro Poroschenko sich verpflichten, daß sein Land nicht der Nato beitritt. Hierfür würde er von Putin die Garantie erhalten, daß sich Rußland nicht in die Handelsbeziehungen zwischen der Ukraine und der Europäischen Union einmischt oder versucht, diese zu stören.
Gas gegen Krim
Schwieriger dürfte sich jedoch der andere Punkt gestalten. Die Anerkennung der Krim-Annexion durch die internationale Gemeinschaft. Als Teil der Vereinbarung würde die Ukraine hierfür einen langfristigen Vertrag über russische Gaslieferungen erhalten. Die Ukraine verfügt derzeit kaum noch über Gas-Vorräte. Sollte es nicht zu einer Einigung kommen, könnte dies im Winter zu einer wirtschaftlichen und sozialen Katastrophe in dem Land führen.
Rußland würde nach dem angeblichen Geheimplan die Ukraine zudem mit einem Milliarden-Dollar-Finanzpaket für die weggefallene Miete entschädigen, die der Kreml bis zur Annektierung der Krim jährlich an Kiew für die Stationierung seiner Schwarzmeerflotte in Sewastopol zahlte.
Inwieweit Merkel und Putin wirklich über einen solchen Plan verhandelt haben, ist ungewiß. Ein Sprecher des britischen Außenministeriums sagte dem Blatt, man habe keine Kenntnis von solchen Verhandlungen. Es sei aber schwer vorstellbar, daß die Vereinigten Staaten von Amerika oder Großbritannien der Annektierung der Krim zustimmen würden.
Verhandlungen nach Flugzeugabsturz unterbrochen
Der Informant des Independent, der angeblich mit den Verhandlungen vertraut ist, versicherte der Zeitung jedoch: „Das ist Merkels Deal. Sie hat mit Präsident Putin persönlich darüber verhandelt. Sie muß den Streit lösen, denn niemand hat ein Interesse an Spannung in der Ukraine, oder daran, Rußland ins Abseits zu stellen. Niemand will einen weiteren Kalten Krieg.“
Die Verhandlungen über den Friedensplan seien jedoch seit dem Absturz des malaysischen Passagierflugzeugs MH17 über dem Osten der Ukraine unterbrochen, berichtete der Informant. Er hoffe allerdings, daß die Gespräche nach dem Abschluß der Untersuchungen wieder aufgenommen würden. „Der deutsche Friedensplan ist noch auf dem Tisch. Und es ist das einzige Angebot, das es derzeit gibt. Es ist im Interesse aller, daß es zu einer Einigung kommt.“
Merkels Regierungssprecher Steffen Seibert dementierte den Artikel am Donnerstag. „Der Bericht entbehrt jeder Grundlage“, teilte er auf Twitter mit. (krk)