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Syrisches Kriegstagebuch: Täter und Opfer verwechselt

Syrisches Kriegstagebuch: Täter und Opfer verwechselt

Syrisches Kriegstagebuch: Täter und Opfer verwechselt

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Syrisches Kriegstagebuch
 

Täter und Opfer verwechselt

Die Wahrheit ist im Krieg das erste Opfer, heißt es. Das gilt auch für Bürgerkriege. Ein Teil der syrischen Rebellen geht soweit, Täter und Opfer zu vertauschen. An dem Tod eines mutmaßlich von Islamisten entführten Priesters sei eigentlich das Assad-Regime schuld – und der Papst.
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Papstfeindliche Demonstration in Kaff-Rambel
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Rebellenkrieger im zerstörten Hiesch
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Mit Frau und Kind an der Front – ein Familienvater besucht die Trümmer seines Hauses

KAFF-RAMBEL. „Baschar kelb.“ Der Präsident ist ein Hund. Dieser Satz ist tagtäglich von syrischen Aufständischen zu hören. Warum verachten Muslime eigentlich den Vierbeiner? „Der Hund ist dreckig“, so die Antwort. Tatsächlich lehrt der islamische Glaube durch seine Propheten-Überlieferungen, daß „die Engel keine Wohnung betreten“, in welchem sich ein Hund befinde (Sahih Muslim Nr. 3929; weiterführend Nr. 2068, 2073, 2947, 2951). Eine Begründung gibt es nicht. Und auch keinen Verweis im Koran. Das ist alles nicht leicht zu verstehen. Genauso wenig wie die Erlebnisse an Tag eins der „syrischen Waffenruhe“ zu Ehren des viertägigen Opferfestes.

Unwillige müssen mit Strafen rechnen

Kaff-Rambel am frühen Morgen: Vierzig bis fünfzig Einwohner nutzen ihren Feiertag, um gegen den Papst zu demonstrieren. Ihr englisch-sprachiges Transparent: „Papst! Deine seltsame Unterwürfigkeit erlaubte Assad Väter wie Fadi Haddad zu töten, mit dem Ziel, einen Bürgerkrieg zu entzünden.“

Was ist geschehen? Das Oberhaupt der katholischen Kirche hatte damit begonnen, nach Friedenslösungen für das zerrüttete Bürgerkriegsland zu suchen. Das aber sei „feige“, und nicht mit dem Bild eines muslimischen Mannes zu vereinbaren, ist in der Stadt zu erfahren. Noch schlimmer: Der Papst verstoße gegen Koran-Sure 47, Vers 35. „So werdet nicht schwach, und ruft nicht zum Frieden, wo Ihr doch die Oberhand haben werdet, denn Allah ist mit Euch, und Er wird Euch nicht um Eure Werke bringen.“

Ohne Zweifel ein Frevel, der zu ahnden war. Am Donnerstag ist die übel zugerichtete Leiche des orthodox-christlichen Priesters Fadi Haddad am Straßenrand im Großraum Damaskus gefunden worden. Sechs Tage zuvor war er entführt worden. Wie es aus dem Vatikan heißt, habe der Geistliche sich zuletzt für andere Entführungsopfer eingesetzt, was ihm schließlich zum Verhängnis geworden sei. Darüberhinaus wird berichtet, während der Beerdigung am Freitag habe ein Bombenanschlag zwei Zivilisten und mehrere Soldaten getötet. 

Rebellen wollen Waffenruhe nicht

Zurück zu der Demonstration: „Schuld an allem ist Baschar“, sagen sie. Den Hinweisen, wonach verschiedene islamische Gruppierungen „Ungläubige“ zwecks Lösegeld-Forderungen entführten, dürfe kein Glauben geschenkt werden. Grund: Dies schadet der Revolution. Als Ausgleich wird mir eine Fahrt nach Hiesch angeboten. In eine Kleinstadt an der Autobahn, wenige Kilometer südlich des umkämpften Maarat an-Numan.

Eines fällt auf: Heute gibt es keine Luftangriffe von Fliegern und Hubschraubern. „Allah sei es gedankt!“ Durch die Straßen kurven etwa zwei Dutzend Rebellen mit ihren Motorrädern. Sie sind mit alten Maschinengewehren bewaffnet – und nutzen sie. Immer wieder sind laute und weniger laute Schüsse zu hören. Vom Stützpunkt an der Autobahn feuert ein Panzer in die entgegengesetzte Richtung. Die Explosion ist klar zu sehen. Aus den Seitenstraßen ist zweimal lautes Feuer zu vernehmen. Wahrscheinlich der Einsatz von Mörsern gegen die Regierungstruppen.

Klar ist eines: Allem Optimismus der Rebellen zum Trotz hält die syrische Armee weiterhin ihre Stützpunkte in Hiesch, Psidah, Hamedia und Wadi Deph über eine Länge von rund 15 Kilometern. Zu Kämpfen kommt es immer dann, wenn die Armeefahrzeuge sich von einer Stellung zur anderen bewegen. Eingeschlossen ist nur die große Militäranlage Wadi Deph. Die anderen könnten nach wie vor über die Straße mit Lebensmitteln und Munition versorgt werden.

Familienausflug ins Kriegsgebiet

Doch etwas hat sich verändert: Heute, in den Stunden der „Waffenruhe“, kommen Familien zurück nach Hiesch, um Überbleibsel in ihren zerstörten Häusern zu sammeln. Die Männer haben ihre Frauen und selbst die kleinen Kinder mitgebracht. Auf die Frage, ob das Schlachtfeld der richtige Ort für minderjährigen Nachwuchs wäre, reagieren sie mit Unverständnis: „Wir glauben, daß Allah bereits vor langer Zeit festgeschrieben hat, wann wir zu sterben haben.“ Wer dies anders sieht, der sei ein Ungläubiger. Die letzte Frage geht an die Freischärler: Werden Sie sich an die „Waffenruhe“ halten? Die Antwort klingt klar und überzeugend: „Nein, denn wir glauben, daß Baschar lügt!“ 

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