„Darf die SVP aus Fotomodels Kriminelle machen?“ fragt der Schweizer Tagesanzeiger und zeigt „Ivan S.“. Auf der einen Seite als Aggressivität ausstrahlendes „Gang-Model“ der kanadischen Bildagentur iStockphoto, auf der anderen Seite als „Vergewaltiger“ auf dem Kampagnenfoto der Schweizerischen Volkspartei zur Ausschaffungsinitiative. Letztere soll am 28. November in eine Volksabstimmung münden, die über die verstärkte Abschiebung krimineller Ausländer entscheiden soll.
Darf die SVP das? Darf sie nicht? „Urherberrechtsverletztung“, „sehr bedenklich“, „ärgerliche Suggestion“, rufen die einen Kommentatoren, „typisches SVP-Marketing“, erklären die anderen. Das Marketing geht auf. Die Kampagne ist in aller Munde und die SVP-Ausschaffungsinitiative ebenso.
Umfragen räumen der Initiative gute Chancen ein
Geschult durch Dutzende Initiativen in den letzten Jahren weiß die Volkspartei, wie man das Wahlvolk erreicht und in die Kampagnen einbezieht. Das Thema ist brisant, und so haben sich schon über 3.000 Freiwillige gemeldet, die die SVP unterstützen wollen
„Werden Sie Mitglied im überparteilichen Komitee! Unterstützen Sie aktiv den Abstimmungskampf! Besuchen sie die Veranstaltung! Neben den Flugblätter und Plakaten mit der eindringlichen Botschaft „Ismir K. – Sozialbetrüger. Faruk B. – Mörder. ‘Werden sie nicht ausgeschafft weil es die Behörden so wollen?’“, werden die Schweizer auf allen Ebenen erreicht. >>
Gleich drei Internetseiten, die alles bieten: Argumente, Anlässe, Material und Videobotschaften. Dazu eine Vielzahl von Veranstaltungen für jedermann. So diskutierten am Sonntag zum Thema „Welche Schweiz wollen wir?“ SVP-Vizepräsident Christoph Blocher und der Schriftsteller Adolf Muschg auf der Weltwoche-Sonntagsmatinee. Das Volkshaus Zürich war bis zum Bersten gefüllt. „Kriminelle Ausländer ausschaffen?“ heißt es dann bei freiem Eintritt am 6. November um 10.30 Uhr im Zürcher Theater 11. Diesmal kreuzt Blocher die Klingen mit Nationalrat Daniel Vischer von den Grünen.
Doch nicht allein in Zürich gibt es eine Vielzahl von Terminen, auch in der „Provinz“ wird die Ausschaffung in Dutzenden öffentlichen Veranstaltungen diskutiert.
Verwirrung um den Gegenentwurf des Parlaments
Dabei geht es nicht nur um das Thema selbst. Denn die Volkspartei steht vor dem Dilemma „Gegeninitiative Nein – Ausschaffungsinitiative Ja“. Das Schweizer Parlament hat bereits im Juni einen Gegenvorschlag präsentiert, der der SVP-Ausschaffungsinitiative den Wind aus den Segeln nehmen soll. Die SVP ist empört: Im Gegenentwurf stehe nicht mehr die Abschiebung schwer krimineller Ausländer im Mittelpunkt, sondern die „Integration“, heißt es.
Nun ist doppelte Aufklärung angesagt. „So stimmen Sie richtig“, ist dann auch auf allen Ausschaffungsseiten zu lesen. Denn es ist gar nicht so einfach, auf dem Stimmzettel zwischen der Volksinitiative „Für die Ausschaffung krimineller Ausländer“ und dem Bundesbeschluß „über die Aus- und Wegweisung krimineller Ausländerinnen und Ausländer“ zu unterscheiden.
Die Schweizerische Volkspartei zeigt sich dennoch guter Dinge, denn allen Umfragen zufolge kann sie auf eine klare Zustimmung zur Ausschaffungsinitiative hoffen.
JF 45/10