BERLIN. Aus Polen kommen neue Entschädigungsforderungen an Deutschland im Zusammenhang mit einer Reichsverordnung von 1940. Die „Verordnung über die Organisationen der polnischen Volksgruppe im Deutschen Reich vom 27. Februar 1940“ des Ministerrats für die Reichsverteidigung unter Vorsitz von Hermann Göring bewirkte die Auflösung aller polnischen Vereinigungen im Reich und die entschädigungslose Einziehung ihres Vermögens. Nach einer Meldung der Zeitung Rzeczpospolita (Rz) erwartet das polnische Außenministerium von der Bundesregierung die symbolische Annullierung der Verordnung.
Die Zeitung zitiert aus einem Brief des Warschauer Außenministeriums an die Senatsabgeordnete Dorota Arciszewska-Mielewczyk von der Partei des Staatspräsidenten Lech Kaczyński, PiS. Arciszewska-Mielewczyk ist Vorsitzende der Polnischen Treuhand (Powiernictwo Polskie), die 2005 als Gegenorganisation zur Preußischen Treuhand gegründet wurde.
In dem Brief versichert das Außenministerium, es habe Expertisen in Auftrag gegeben, die eine Schätzung des Eigentums ermöglichen sollen, das Organisationen der seinerzeitigen polnischen Minderheit im Deutschen Reich infolge der Verordnung verloren haben. Experten untersuchen, wer als deren Erbe in Frage komme und wer Ansprechpartner für die Auszahlung von Entschädigungen sein könnte.
Rehabilitation gefordert
Das Außenministerium treffe Vorbereitungen zu „direkten Gesprächen mit den entsprechenden Partnern auf der deutschen Seite“ über die Situation der polnischen Gemeinde in Deutschland. Obwohl man die Haltung der Bundesregierung teile, daß die betreffende Verordnung rechtlich ungültig ist, hätten Polen das Recht, deren symbolische Aufhebung zu verlangen.
„Grundlegend ist die Erwartung, daß die Bundesregierung eindeutig die Tatsache bestätigt, daß das Relikt der Rechtlosigkeit – die Verordnung vom 27. Februar 1940 – aus dem deutschen Rechtssystem entfernt wurde“, zitiert die Rz aus dem Schreiben. Der Artikel trägt die Überschrift: „Werden die Polen in Deutschland ein Entschuldigung hören?“
Nach Auffassung des Direktors des Posener Westinstituts, Andrzej Sakson, sollten die während der NS-Zeit verfolgten Angehörigen der polnischen Minderheit rehabilitiert werden. Die Erwartung des Außenministeriums sei wichtig, denn aus ihr gehe hervor, daß die Berufung auf die Verfassung „keine ausreichende moralische und vielleicht auch rechtliche Genugtuung für die Schlechtigkeit ist, die deutschen Bürgern polnischer Abstammung angetan wurde“. (ru)