Rechtzeitig zum 60. Jubiläum der Bundesrepublik ist der Politikwissenschaftler André Freudenberg der Frage nachgegangen, warum es auf der rechten Seite des politischen Spektrums nicht eine ähnliche Interessenvertretung und Ausdifferenzierung der Meinungen wie auf der linken Seite gibt.
Während mit SPD, Grünen und Linkspartei auf der Linken ein „Überangebot“ besteht, gibt es rechts von der Mitte keine Partei von politischem Einfluß und Gestaltungskraft, die freiheitlich-konservative Interessen wahrnimmt und durchsetzt. Dafür sorgt auch die „Strauß-Doktrin“ von CDU/CSU: Rechts von der Union dürfe es keinen Konkurrenten geben.
Freudenberg beschäftigt sich in seiner Untersuchung im wesentlichen mit der Zeit nach der Wiedervereinigung. Im Mittelpunkt stehen Parteien wie der Bund Freier Bürger, die Deutsche Partei, die Deutsche Soziale Union und die Partei Rechtsstaatlicher Offensive. Die Republikaner, die den Umfang der Studie gesprengt hätten, klammerte der Autor bewußt aus. Begrifflich werden die untersuchten Gruppierungen von NPD und DVU abgegrenzt und bilden somit als „freiheitlich-konservativ“ den klar faßbaren Untersuchungsgegenstand.
In sachlichem, ideologiefreien Stil und disziplinierter Sprache untersucht der Autor Gründung, Tätigkeit und Scheitern der vier genannten Kleinparteien und das Wirken ihrer Hauptakteure. Dabei fallen die Vielfalt der Quellenauswertung sowie der Umfang der Befragungen und Interviews ins Auge.
Die im übrigen jeweils aufgeführten Beurteilungen und Bewertungen haben nahezu lehrbuchhaften Charakter für Parteigründer. Ein wichtiges Kapitel befaßt sich mit der linksextremistischen Gewalt gegen freiheitlich-konservative Parteien, die anhand von Beispielen geschildert wird.
Die Ausführungen über die politische Kultur stellen das Fehlen einer relevanten freiheitlich-konservativen Kraft heraus. Dieser Mangel sei keineswegs als „Normalzustand“, sondern auch im Vergleich zum Ausland eher als Teil eines deutschen „Sonderweges“ nach dem Zweiten Weltkrieg zu betrachten. Natürlich nehmen die Rollen des Verfassungsschutzes, der Medien und der sogenannten Political Correctness einen breiten Raum ein.
Die „Doppelmoral“, also der ungleiche Umgang mit „Links“ und „Rechts“, wird deutlich herausgestellt und an Beispielen und Geschehnissen der Vergangenheit bis in das Jahr 2008 verdeutlicht. Im Grunde bedeutet das Fehlen einer funktionsfähigen, demokratischen Rechten ein gravierendes Demokratiedefizit. Freudenberg geht davon aus, daß etwa fünf bis 20 Prozent des Volkssouveräns keine wirkliche politische Repräsentation haben. Dies dem politischen Laien bewußt zu machen, dürfte ein Anliegen des Autors sein und ist ihm hoch anzurechnen. Dabei bleibt er keineswegs bei der Analyse stehen.
Den Erfahrungen und Fehlern der Freiheitlich-Konservativen werden mögliche Handlungsalternativen und -optionen gegenübergestellt und selbst die bundesweite Ausdehnung der CSU ausführlich erörtert und positiv beurteilt. Ohne ausreichende Finanzmittel ist jeder parteipolitische Versuch der Konservativ-Freiheitlichen allerdings zum Scheitern verurteilt. Weitere Hindernisse sind die mögliche Infiltration durch sogenannte „U-Boote“ und die Stigmatisierung durch die Medien.
Anders als im linken politischen Milieu der Massengesellschaft bedürfen konservative Ansätze eines bestimmten historischen Momentes, in dem immaterielle, gleichwohl bewährte und traditionelle Werte gefragt sind. Das habe die Enttäuschung vieler Stammwähler der Union über das Ausbleiben der von Helmut Kohl 1982 versprochenen „geistig-moralischen Wende“ gezeigt.
Ungeachtet dessen läßt der Autor keinen Zweifel daran, daß aus seiner Sicht eine freiheitlich-konservative Partei in der Art der FPÖ oder der schweizerischen SVP ein großer Zugewinn für die Demokratie in der Bundesrepublik wäre. Dem ist zuzustimmen.
André Freudenberg: Freiheitlich-konservative Kleinparteien im wiedervereinigten Deutschland. Engelsdorfer Verlag, Leipzig 2009, broschiert, 382 Seiten, 18 Euro