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Mehr als ein As im Ärmel

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Die Spielernatur des Horst Seehofer beginnt sich – wenigstens einmal – auszuzahlen. Der CSU-Vorsitzende hat zwei Pfunde, mit denen er auf dem Parteitag am Wochenende in Nürnberg wuchern kann: Guttenberg und Europa. Und daneben vielleicht noch die Steuerpolitik. Das hatte der Parteichef, der sich in den vergangenen Monaten bei vielen Themen gedreht und gewunden hatte, um möglichst einen eigenständigen und ein Stück weit weg von der CDU liegenden Kurs fahren zu können, selbst vielleicht am allerwenigsten erwartet. Aber Spielernaturen wie Seehofer, der in der Vergangenheit beim Streit um die Gesundheitspolitik alles auf eine Karte gesetzt hatte und zurücktreten mußte, wissen andererseits, was sie zu tun haben, wenn sie ein gutes Blatt auf die Hand bekommen: weiterspielen und gewinnen.

So sieht es auf einmal für die CSU bei der Bundestagswahl gar nicht mehr so schlecht aus, weil sie ihre traditionelle Sonderrolle spielen kann. Längst vergessen ist der schmerzhafte Verlust von zehn Prozentpunkten bei der Europawahl, der zudem durch das Überwinden der für die Rückkehr in das Straßburger Parlament bestehenden Fünf-Prozent-Hürde überdeckt wurde. Die Vorstandswahlen in Nürnberg dürften ohne Überraschungen verlaufen. Hinzu kommt, daß Denkzettel erst nach Wahlen und nicht vorher verteilt werden.

Seehofers erster Trumpf hieß Guttenberg. Wie ein Trumpf-As hatte er Karl-Theodor zu Guttenberg, bis dato ein nur in Fachkreisen bekannter Außenpolitiker, aus dem Ärmel gezogen. Erst war der „bayerische Baron“ (Gerhard Schröder) CSU-Generalsekretär. Nach dem Rückzug des müden Michael Glos durfte Guttenberg zum Wirtschaftsminister aufrücken.

Gemacht hat er seitdem dort fast nichts. Für Macher ist das Amt auch denkbar ungeeignet. Das Wirtschaftsministerium verwaltet Statistiken, das Erbe des Postministeriums und die Abwrackprämie. Aber Guttenberg, eine Art kleiner Obama auf bayerisch, weiß, wie er sich darzustellen hat. Er sagt zwar nicht: „Yes, we can“, aber wenn er mit sorgenvoller Miene erklärt, daß „wir uns darauf einstellen müssen, in Teilmärkten regional eine gewisse Knappheit an Krediten zu gewärtigen“, dann reagiert die Öffentlichkeit verzückt. Mütter denken an einen Schwiegersohn, und Menschen mit normalem Sprachverständnis möchten Guttenberg Glückwunschschreiben schicken, weil er mit so viel Wörtern wenig bis nichts ausdrücken kann. Aber immerhin: Auf der Beliebtheitsskala aller deutschen Politiker rangiert er jetzt auf Platz zwei hinter Merkel. Ein Trumpf für die CSU, zumal Guttenberg auch noch unterstellt wird, er sei Nachfolger des Ordnungspolitikers Friedrich Merz.

Trumpf zwei zog Seehofer seinem Parteifreund Peter Gauweiler aus dem Ärmel. Dessen Klage gegen den EU-Vertrag war in der CSU verpönt. Es gab allenfalls heimliche Sympathien für Gauweiler. Nachdem das Bundesverfassungsgericht dem Kläger teilweise zustimmte, durfte Gauweiler erfahren, daß er noch nie so viele Freunde hatte wie heute. Vom Außenseiter zum Mittelpunkt: Das ist oft ein weiter Weg. In der CSU geht das innerhalb von Stunden.

Auf jeden Fall wird sich die CSU auf  ihrem Parteitag klar gegen die Schwesterpartei und deren Vorsitzende, Kanzlerin Angela Merkel, positionieren. „Merkel weiß, daß Seehofer ihr hartnäckigster Gegner ist“, ahnte bereits der Spiegel. In der Europafrage strebt die CSU an, daß Bundestag und Bundesrat zu jeder EU-Frage eine für die Regierung bindende Stellungnahme abgeben können. Das Verfahren ist als „österreichisches Modell“ bekannt und funktioniert im Nachbarland angeblich reibungslos. Nur für die CDU sind diese Pläne das reinste Gift. Schon mahnte Hans-Gert Pöttering (CDU), der scheidende Präsident des Europäischen Parlaments, wer den Lissabon-Vertrag gefährde, lade historische Schuld auf sich. Auch in der Steuerpolitik dreht die CSU auf: Nachdem die CDU sich weigerte, im gemeinsamen Wahlprogramm ein Datum für die Steuersenkungen zu nennen, schreibt die CSU einen eigenen „Wahlaufruf“ und nennt darin die Daten 2011 und 2012.

Irritationen auf CDU-Seite sind Seehofer, dem es allein um ein stabiles Wahlergebnis geht, völlig egal. Er kann, und das gehört zum tragisch wirkenden Teil der Figur des Spielers, jederzeit wieder eine andere Haltung annehmen und in eine neue Rolle schlüpfen. Ehe er seine jüngsten Trümpfe in die Hand bekam, hatten sie in der CSU für ihren wendefreudigen Chef einen bösen Spitznamen gefunden: „Horst Drehhofer“. Das sollte nicht vergessen werden.

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