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„In die Vergangenheit verstrickt“

„In die Vergangenheit verstrickt“

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Mit einem Eklat hat am Montag die zweite UN-Antirassismuskonferenz in Genf begonnen. 40 Delegierte der 22 vertretenen EU-Staaten verließen während der Rede von Mahmud Ahmadi-Nedschad den Saal, nachdem dieser Israel als das „grausamste und rassistischste Regime“ und den Zionismus als „personifizierten Rassismus“ bezeichnet hatte. Die bis Freitag angesetzte Durban Review Conference  dürfte damit ihren medialen Höhepunkt erreicht haben. Weil sie solche Äußerungen befürchteten, hatten nach den USA, Israel, Kanada, Neuseeland und Australien sowie schließlich auch Deutschland, Italien, Polen und die Niederlande ihre Teilnahme abgesagt. Die Tschechen verließen die Konferenz nach der Rede.

Frankreich protestierte scharf gegen die iranische Rede, die „die Ideale und Werte, die in der universellen Erklärung der Menschenrechte festgeschrieben sind“, verhöhne. UN-Generalsekretär Ban Ki Moon hatte sich in seiner Eröffnungsrede hingegen „tief enttäuscht“ über die Absagen gezeigt: „Wir träumen davon, in eine neue Richtung zu gehen, jedoch bleiben zu viele von uns in die Vergangenheit verstrickt.“ Vor der Konferenz war es auch zu einer schweren Verstimmung zwischen Israel und dem Gastgeberland gekommen. Aus Ärger über ein Treffen des Schweizer Bundespräsidenten Hans-Rudolf Merz (FDP) mit Ahmadi-Nedschad beorderte Israel seinen Botschafter zurück. Damit wolle man die Unzufriedenheit mit der „laxen Schweizer Haltung gegenüber Iran“ zum Ausdruck bringen, teilte das israelische Außenministerium mit, dem der für seine verbalen antiarabischen Ausfälle berüchtigte Rechtsnationalist Avigdor Lieberman vorsteht.

Deutsche Diplomaten „beobachten“ die Konferenz lediglich. Die Bundesregierung habe sich die Entscheidung zum Boykott nicht leicht gemacht, sagte ein Regierungssprecher. Sie habe aber befürchtet, auf der Konferenz könne es zu „Haßtiraden, Schmähreden und antiisraelischen Ausfällen“ kommen. Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) erklärte, aus Sicht der Bundesregierung stehe weiterhin zu befürchten, „daß diese Konferenz ebenso wie die Vorgängerkonferenz im Jahr 2001 als Plattform für andere Interessen mißbraucht wird“. Steinmeier fügte hinzu: „Einseitige Kritik an Israel können wir nicht akzeptieren.“

Es ist das erste Mal, daß Deutschland eine Uno-Konferenz boykottiert. Die Reaktionen auf den Boykott waren geteilt. Politiker der Regierungsparteien sowie der Zentralrat der Juden in Deutschland äußerten sich lobend. Nur der CDU-Abgeordnete Willy Wimmer übte öffentlich Kritik. Man hätte teilnehmen müssen, sagte er. Gegen „krude Vorstellungsweisen“ hätte auf der Konferenz vorgegangen werden müssen. Kritik kam auch von den Grünen, der Linkspartei und Hilfsorganisationen. Mit der Absage leiste die Bundesregierung den Menschenrechten einen Bärendienst. Der Boykott spiele jenen in die Hände, die an einem Scheitern der Konferenz interessiert seien, so Human Rights Watch. Eine Sprecherin der EU-Kommission sagte, die 22 EU-Staaten, die an der Konferenz teilnähmen, wollten darauf achten, daß es nicht zur Verurteilung einzelner Staaten, Religionen oder zu antisemitischen Äußerungen komme. Im abgeänderten Entwurf für die Schlußerklärung seien die „roten Linien“ der EU gewahrt geblieben: „Der Text ist nicht ideal, aber er ist das Ergebnis eines Kompromisses.“ Rußland, das sich erfolgreich um die Korrektur der von den USA kritisierten Textpassagen bemüht hatte, verurteilte den Boykott.

In die Kritik waren Textpassagen geraten, die von einigen als Verurteilung Israels oder als Versuch islamischer Länder wahrgenommen worden waren, religiöse Anschauungen über Menschenrechte zu stellen. Indes wurden am Wochenende Fortschritte bei der Formulierung des Entwurfs anerkannt. In Absatz 5 etwa werden Israel und die Palästinenser nicht mehr direkt genannt. Statt dessen wendet sich der Absatz jetzt gegen „alle Arten von Rassismus, Rassendiskriminierung, Fremdenfeindlichkeit in allen Lebensbereichen und in allen Teilen der Welt, einschließlich solcher unter fremder Besatzung“.

Die UN-Dokumente der Konferenz im Internet: www.un.org/durbanreview2009/

Foto:  Irans Präsident Ahmadi-Nedschad: „Krude Vorstellungsweisen“

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