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Warnung vor Vergleichen

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Mehr Besuche von Gedenkstätten für die Opfer der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft; die Bannung von „Ungleichwertigkeitsdiskursen“ in der Gesellschaft und die Vermeidung von Vergleichen zwischen der nationalsozialistischen und der kommunistischen Diktatur sollen die Ausbreitung rechtsextremer Einstellungen in der Bevölkerung verhindern. So lauten die Empfehlungen einer Studie der Universität Leipzig im Auftrag der SPD-nahen Friedrich-Ebert-Stiftung. Schon vor zwei Jahren hatte die Abteilung für medizinische Psychologie und medizinische Soziologie der Universität Leipzig eine Untersuchung vorgelegt, in der die Existenz von rechtsextremistischen Einstellungen in der „Mitte der Gesellschaft“ belegt werden sollte. Die Wissenschaftler kamen damals zu dem Ergebnis, daß sich fast 27 Prozent der 5.000 Befragten ausländerfeindlich und über 19 Prozent chauvinistisch geäußert hätten. Als Indiz dafür wurde von ihnen allerdings bereits die Zustimmung zur Aussage gewertet, daß sich Einwanderer möglichst schnell an die Bedingungen im Aufnahmeland anpassen müßten. Nun wurden die damals mit Hilfe von Fragebögen erhobenen Daten durch Interviews in Kleingruppen ergänzt. Ausgewählt wurden rund 150 Teilnehmer aus der ersten Studie, gestreut nach Haushaltseinkommen, Schulbildung und Wohnort. Die Ergebnisse dieser Gruppengespräche, an denen sich schließlich 60 Personen beteiligten, wurden in der vergangenen Woche in der Ebert-Stiftung in Berlin vorgestellt. Nach Meinung des Autors Oliver Decker belegen die Interviews, daß rechtsextremistische Einstellungen in engem Zusammenhang mit einer allgemeinen Demokratieverdrossenheit stünden. So hätten Umfragen der Universität ergeben, daß nur noch 51 Prozent der Westdeutschen und 27 Prozent der Mitteldeutschen mit dem demokratischen System zufrieden seien. Sei der Wohlstand bedroht, bröckle auch die Zustimmung zur Demokratie schnell, sagte Decker. Zudem seien für die hohe Zahl rechtsextremer Einstellungen in der deutschen Bevölkerung eine Reihe von gesellschaftlichen Rahmenbedingungen verantwortlich: So habe auch der „vermeintlich harmlose Patriotismus light“ zur Fußball-WM von 2006 zu einer Zunahme von nationalistischen und chauvinistischen Positionen geführt. Als ebenso problematisch bezeichnete Decker die „Übernahme von fremdenfeindlichen Parolen“ durch Vertreter demokratischer Parteien in Wahlkämpfen. Als Beispiele nannte er die CDU-Politiker Jürgen Rüttgers und Roland Koch. Auch Publikationen, in denen Deutsche als Opfer des Zweiten Weltkrieges betrachtet würden oder in denen „die Grenzen zur klaren Täterschaft verschwimmen“, wie etwa Jörg Friedrichs Bestseller „Der Brand“ über deutsche Bombenopfer, seien geeignet, rechtsextremistische Positionen zu stärken. Zudem sei die Berichterstattung vieler Medien über Migration oft alles andere als optimal: Die öffentliche Diskussion über eine Verpflichtung von Zuwandern, sich an die deutsche Mehrheitsgesellschaft anzupassen, sei problematisch. Denn jede Rechtfertigung eines stärkeren Drucks auf Migranten komme rechtsextremen Positionen entgegen, so Decker. Der Journalist Patrick Gensing kritisierte in diesem Zusammenhang, daß Einwanderer im Fernsehen „im wesentlichen nur als Rand- oder Witzfiguren dargestellt“ würden, und forderte eine „stärkere Präsenz von Migranten auf den Bildschirmen“. Der Innenminister von Sachsen-Anhalt, Holger Hövelmann (SPD), forderte mit Blick auf die Ergebnisse der Studie, in Zukunft den Besuch von Gedenkstätten der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft für Schüler verpflichtend zu machen. „Seit Pisa ist es glücklicherweise wieder üblich, auch über die Vorteile des DDR-Schulsystems zu sprechen“, welches einen solchen Pflichtbesuch vorschrieb, sagte Hövelmann. Dagegen warnte die Leiterin der Mobilen Beratung gegen Rechtsextremismus in Berlin, Bianca Klose, die Wirkung von Gedenkstättenbesuchen von Schülern zu überschätzen. Selbst wenn dort fachkundiges Personal vorhanden sei, könne ein solcher Besuch auf keinem Fall akute Probleme mit rechtsextrem eingestellten Schülern lösen, meinte Klose. Decker mahnte, daß „Ratschläge zu einem Problem, welches inzwischen große Teile der Bevölkerung in Deutschland betrifft“, nur „als Paket betrachtet“ werden sollten. Es sei dringend notwendig, daß von politischer und gesellschaftlicher Seite etwas unternommen werde. Denn die Interviews zeigten, daß „rechtsextremistische Einstellungen noch weit stärker verbreitet sind“, als „auch wir noch vor zwei Jahren angenommen hatten“. Selbst Teilnehmer, die sich auf den Fragebögen kaum Zustimmung zu ausländerfeindlichen oder chauvinistischen Thesen erkennen ließen, äußerten sich in den Gruppengesprächen häufig fremdenfeindlich oder kritisierten zumindest nicht, wenn andere Teilnehmer derartige Äußerungen tätigten, sagte Decker. Foto: Gedenkstätte Buchenwald: Für Schüler verpflichtend?

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