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ESN-Fraktion, Europa der souveränen Nationen

Festung ohne Schloß und Riegel

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Es sollte die Glanznummer der französischen EU-Ratspräsidentschaft werden. Doch angesichts der Finanzkrise handelte der Brüsseler Gipfel Nicolas Sarkozys einstimmig beschlossenen „Pakt zu Einwanderung und Asyl“ dann eher geschäftsmäßig ab. Daß die Öffentlichkeit wenig weiß, dürfte manchem Staats- oder Regierungschef zupaß kommen. Denn entgegen der reflexhaften Kritik seitens einschlägiger Lobby-Verbände steht bei der „wirklichen Einwanderungspolitik“, die sich die EU nach Sarkozys Worten damit erstmals gegeben habe, nicht die Abwehr illegaler Immigration im Vordergrund. Einwanderung könne „Chancen bieten“ und „entscheidend zum wirtschaftlichen Wachstum der Europäischen Union und derjenigen Mitgliedstaten beitragen, die aufgrund ihrer Arbeitsmarktlage oder ihrer demographischen Situation Migranten brauchen“, behauptet der „Pakt“. Asylverfahren sollen EU-weit bis spätestens 2012 vereinheitlicht werden. Da das Flüchtlingshilfswerk UNHCR dabei als Partner genannt wird, ist mit einer Verschärfung kaum zu rechnen. Brisant für Deutschland ist die auf Wunsch der Mittelmeer-Anrainer aufgenommene „Lastenteilung“ bei der Aufnahme illegaler Einwanderer. So können diese künftig an andere EU-Staaten „weitergereicht“ werden — das dürfte die Bereitschaft der südlichen EU-Küstenstaaten, sogenannten Bootsflüchtlingen die Aufnahme zu verweigern, auf ein Minimum absenken. Die versprochene Harmonisierung der Abwehr und Abschiebung illegaler Einwanderung verheißt da kaum Trost, auch wenn man sich darauf geeinigt hat, Massenlegalisierungen wie zuletzt in Spanien künftig abzulehnen. Die EU-Grenzagentur Frontex hat kürzlich ihre Arbeit selbst für gescheitert erklärt, weil die Patrouillenschiffe die Flüchtlingsboote in der Erwartung sicherer Aufnahme und Erster Hilfe eher anzögen als abschreckten. Dennoch will der Pakt die bisher ineffektive Behörde weiter aufwerten und mit größerem Budget ausstatten. Außer einer weiteren Vermehrung der EU-Bürokratie dürfte das wenig bewirken, ebenso wie die schon für 2009 vorgesehene Schaffung eines EU-Büros, das die Mitgliedstaaten im Vorgriff auf die ins Auge gefaßte Harmonisierung bei Asylentscheidungen „beraten“ soll. Das Frontex-Scheitern belegt auch die fortbestehende Differenz der nationalstaatlichen Interessen bei der Aufnahme von Zuwanderern und die Fragwürdigkeit der Öffnung der EU-Binnengrenzen, die einzelstaatliche Maßnahmen erschwert oder gar verhindert. Schwammig bleibt der „Pakt“ in der Frage der grundsätzlich für erwünscht erklärten legalen Arbeitsmigration. Neue Fakten werden hier ohne großes Aufsehen und weitab vom Brüsseler Betrieb geschaffen. Anfang Oktober eröffnete in Mali ein von der EU finanziertes Einwanderungsbüro. Das Zentrum für Information und Steuerung von Migration (www.cigem.org) soll durch Aufzeigen der Gefahren von illegaler Einwanderung abraten, Rückkehrer unterstützen und Wege für die legale Arbeitsmigration von „Hochqualifizierten“ aufzeigen. Letzteres dürfte allen Beteuerungen zum Trotz die Hauptaufgabe sein. Europa brauche bis 2050 bis zu 56 Millionen Einwanderer vor allem aus Afrika, um sein demographisches Schrumpfen aufzufangen, postulierte ein vertraulicher Bericht der Statistikbehörde Eurostat, aus dem die britische Presse zitierte. Mit „Hochqualifizierten“ allein wird man sich da kaum begnügen können, selbst wenn es gelingt, diese „zeitlich befristet“ anzuwerben — diesem Ziel soll unter anderem die von dem Bericht empfohlene „Blue Card“ dienen, die noch bis Jahresende eingeführt werden soll. Immigranten müßten rechtlich und beim Bezug von Sozialleistungen gleichgestellt werden. Die zeitliche Begrenzung ist dabei ein Feigenblatt, das in der Praxis kaum funktioniert, wie nicht nur das Beispiel der deutschen „Gastarbeiter“ lehrt. Rückkehrprämien, die die EU nach britischen Medienangaben auch an Einwanderer aus Mali zahlt und damit gewissermaßen die Migration in beide Richtungen mit Steuergeldern fördert, finden bei den Angesprochenen wenig Anklang. Daß der rasant zunehmende „Brain Drain“, die Abwanderung der besten Köpfe in die Industrieländer, für viele afrikanische Länder inzwischen ein bedrohliches Problem darstellt und vielfach als neokoloniale Ausbeutung der menschlichen Ressourcen empfunden wird, bereitet den Autoren des Eurostat-Berichts offenkundig kein Kopfzerbrechen. Immerhin beeilte sich die britische Regierung zu beteuern, die maßgeblich von französischen Politikern vorangetriebene Förderung legaler Einwanderung aus Afrika betreffe nur den Schengen-Raum, dem das Vereinigte Königreich nicht angehört. Großbritannien behalte die volle Kontrolle über seine Außengrenzen und sein Asylsystem. Immigrationsminister Phil Woolas forderte als Konsequenz aus der Finanzkrise heimische Firmen auf, bevorzugt Briten einzustellen, um möglichem „Rassismus“ nicht Vorschub zu leisten. Er kündigte an, die Labour-Regierung werde wegen der sich abschwächenden Konjunktur die Einwanderung wieder erschweren.

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