Am 4. November haben die US-Bürger die Wahl zwischen unilateralem Imperialismus und multilateral verschleiertem Imperialismus, zwischen Polizei- und Überwachungsstaat, hohen und noch mehr Steuern, Staatskapitalismus und Betreuungsstaat – die amerikanische Politik ist parteiübergreifend in einem allumfassenden Interventionismus befangen. So jedenfalls sieht es eine wachsende Minderheit in den USA, die den außen- und innenpolitischen Kurs der Bush-Regierung und dessen mögliche Fortsetzung durch den Republikaner John McCain scharf ablehnt, die aber wegen ihrer radikal-freiheitlichen und konservativen Überzeugungen auch für die „Change“-Rhetorik des Demokraten Barack Oba-ma nicht empfänglich ist. Diese resignierten (Nicht-)Wähler wurden in den Vorwahlen durch den republikanischen Kongreßabgeordneten Ron Paul mobilisiert und haben sich zu einer dauerhaften Graswurzelbewegung formiert. Der 73jährige Paul selbst, der mit seiner Präsidentschaftsbewerbung nur ein Zeichen setzen wollte, wurde von den unzähligen, meist über das Internet organisierten Unterstützerinitiativen regelrecht überrascht – er vertritt diese Positionen seit 30 Jahren. Sein Abstimmungsverhalten im Repräsentantenhaus hat ihm den Spitznamen „Dr. No“ eingebracht. Von Beginn an gegen den Irak-Krieg, hat er auch nie für Steuererhöhungen, einen unausgeglichenen Haushalt oder eine Erhöhung der Abgeordnetenbezüge gestimmt. Paul überweist jedes Jahr einen Teil seines Budgets zurück an den Staat, er hat gegen jede Reglementierung des Internet votiert und war von Beginn an gegen den Patriot Act, mit dem nach dem 11. September die Bürgerrechte massiv eingeschränkt wurden (JF 49/02). Seine Hauptkritik gilt jedoch der seit Aufgabe der Golddeckung herrschenden Geldordnung, insbesondere dem US-Zentralbanksystem, der Fed, sowie der Dollar-Hegemonie (JF 51/07). Als Mitglied des Finanzausschusses des Kongresses trieb er bei Anhörungen Fed-Chef Ben Bernanke in die Enge. Abgesehen von den beiden „Money Bombs“ 2007, als Paul-Anhänger zu einer Spendenaktion für seine Präsidentschaftskampagne aufriefen, bei der dann binnen 24 Stunden Kleinspenden in Höhe von 4,3 Millionen Dollar zusammenkamen und einige Wochen später noch einmal über sechs Millionen Dollar, blieben die Erfolge der Ron-Paul-Bewegung außerhalb des Internet weitgehend unbeachtet. Letzter verbliebener McCain-Konkurrent im Vorwahlkampf Im Mai schaffte es die Nachricht, daß sein Buch „The Revolution – A Manifesto“ auf Platz 1 der Bestseller-Liste der New York Times geklettert war, noch einmal in die Massenmedien. Kommende Woche nun macht die „Ron-Paul-Revolution“ einen erneuten Versuch, sich Gehör zu verschaffen. Während die Grand Old Party (GOP) in St. Paul/Minnesota ihren Nominierungsparteitag abhält, auf dem John McCain offiziell zum Präsidentschaftskandidaten gekürt werden soll, wird in Minneapolis, auf der anderen Seite des Flusses, eine dreitägige Großveranstaltung der Ron Paul-Bewegung stattfinden, die am 2. September in einer „Rally for the Republic“ in der größten Arena der Zwillingsstadt (etwa 10.000 Eintrittskarten sind bereits verkauft) gipfeln wird – ein Affront für die Parteioberen der Republikaner. Paul hat dennoch gute Chancen, bei den anstehenden Kongreßwahlen zum elften Mal als Republikaner für einen Wahldistrikt in Texas in das Repräsentantenhaus gewählt zu werden. Im Verlauf der Vorwahlen haben 1,1 Millionen als Republikaner registrierte US-Bürger für ihn als Präsidentschaftsbewerber gestimmt. Als letzter verbliebener McCain-Konkurrent beendete Paul erst im Juni seinen Wahlkampf. Er verkündete jedoch im gleichen Atemzug den Start einer auf Dauer angelegten „Campaign for Liberty“, um libertär-konservativen Kandidaten in die Parlamente und Ausschüsse zu verhelfen. Da das geltende US-Mehrheitswahlrecht zwangsläufig auf ein Zweiparteiensystem hinausläuft und einem Unabhängigen oder gar einer neuen Partei kaum eine Chance läßt, ist es Pauls Strategie, die Republikanische Partei zurückzugewinnen, die seiner Ansicht nach von den überhaupt nicht konservativen „Neocons“ gekapert wurde. Die Republikaner von heute, behauptet Paul, verraten die freiheitlich-konservative Tradition der Partei, die Bush-Regierung verstoße andauernd gegen die Verfassung, und der weise Rat der Gründungsväter der USA werde insbesondere in der Außenpolitik mißachtet. Mehr Paul-Informationen im Internet unter: www.campaignforliberty.com , dailypaul.com , dvds4delegates.com, ronpauleurope.net Foto: Ron Paul im Wahlkampf: Seine Republikanische Partei wurde von den „Neocons“ nur gekapert