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Eine Koalition auf Abruf

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Wenige Tage, bevor der Koali­tionsausschuß zusammenkommen wollte, um den Krach zwischen CDU und SPD im schleswig-holsteinischen Landtag zu glätten und so das Auseinanderbrechen der Koalition zu verhindern, äußerte sich der Noch-Landesinnenminister, der SPD-Vorsitzende Ralf Stegner, in einem Interview, falls er auf das Überleben der Koalition wetten müßte, gäbe er ihr nur eine "faire Außenseiterchance".

Im selben Interview aber wies er darauf hin, daß bislang seine Partei, obgleich sie der schwächere Partner in der Koalition ist, sehr erfolgreich gewesen sei. Er konnte darauf verweisen, daß die SPD sich durchgesetzt habe mit der Abschaffung des dreigliedrigen Schulsystems, mit der Einführung der Gemeinschaftsschule sowie bei der Verhinderung von Studiengebühren an den Universitäten in Schleswig-Holstein. Und obwohl die Klärung der strittigen Fragen "Verwaltungsstrukturreform" und "Elternbeteiligung an Schulbus-Kosten" erst dem Koalitionsausschuß vorbehalten war, ging er schon davon aus, daß auch diese wichtigen Fragen im Sinne der SPD gelöst würden.

Damit bewies er nicht, daß er in die Zukunft blicken kann, sondern daß er den Charakter der CDU begriffen hat. Tatsächlich brachten die zehnstündigen Verhandlungen im Koalitionsausschuß die SPD einen großen Schritt voran.

Der Krach, der bis zu den öffentlichen persönlichen Beschimpfungen der Spitzenkandidaten ging, hatte sich daran entzündet, daß der SPD-Innenminister Stegner die vielen Bürgern schmerzlichen Sparmaßnahmen im Gesetz zwar unterzeichnet hatte, dann aber, als es ernst wurde, sich als Propagandist gegen ebendiese von ihm mitbeschlossene Vereinbarung hervortat.

"Was man hat, das hat man"

Die Kreise sollten, so das von CDU und SPD beschlossene Schulgesetz, von den Eltern bis zu 30 Prozent der Buskosten einfordern. Das hätte viele getroffen, denn in dem Flächenland müssen die Schüler nach der Schließung zahlreicher ortsnaher kleiner Schulen oft weite Wege in Bussen zurücklegen. Die so erzielten zusätzlichen Einnahmen sollten den Kreisen zugute kommen, um Aufgaben zu übernehmen, die bislang dem Land zugeordnet waren.

Viele Kreise wie auch die betroffenen Eltern protestierten zunehmend gereizt. Schließlich habe das Land die vielen kleinen Schulen geschlossen; daher sei es Aufgabe der öffentlichen Hand, die Schulwegkosten zu tragen. Als der Protest zu einem Sturm anzuschwellen drohte – der Kreistag von Nordfriesland beschloß einstimmig, und der Landrat stimmte zu, das Schulgesetz zu brechen und die Elternbeteiligung nicht einzufordern -, zuckte die CDU zurück. Ministerpräsident Peter Harry Carstensen ließ den CDU-Parteitag beschließen, man wolle diese Regelung im Gesetz zurücknehmen. Die SPD triumphierte.

Und jetzt hat die CDU im Ausschuß zugestimmt, daß die SPD-Regelung ins Schulgesetz übernommen wird. Die Kreise können selbst bestimmen, und das rückwirkend ab Schuljahr 2007/08, ob sie eine Kostenbeteiligung der Eltern einfordern. Kreise, die bisher das Gesetz befolgt haben, sehen sich nun gegebenenfalls gezwungen, den schon gezahlten Elternbeitrag zurückzuerstatten.

Die durch den Verzicht auf den Elternbeitrag gerissenen Finanzlücken will das Land wenigstens teilweise schließen, indem es vorzeitig den Kreisen eine Abschlagzahlung auf den kommunalen Finanzausgleich gewährt, wodurch die Kreise Zinsen sparen (die nun das Land belasten). Es bleibt eine Kompensationslücke von drei Millionen Euro. Wie die zu schließen ist, wurde bisher nicht bekannt.

Die vor allem von der SPD geforderte Verwaltungsstrukturreform, die zuvorderst in der Zusammenlegung von Kreisen besteht – sie soll angeblich 60 Millionen Euro Einsparung pro Jahr ergeben -, bleibt auf der Tagesordnung. In den meisten Kreistagen stellt die CDU die größte Fraktion, und nicht nur die protestieren heftig. Die Bedingungen sollen gemildert werden. So dürfen die Kreise nun bei der Neugliederung mitwirken. Bis 2012 müssen sie bestimmte vorgegebene Sparmaßnahmen umgesetzt haben, wenn sie nicht riskieren wollen, daß Kreise zwangsfusioniert werden. Besonders betroffen sind Kreise, die weniger als 180.000 bis 200.000 Einwohner haben, darunter ausgerechnet die rebellischsten wie Dithmarschen und Nordfriesland. Also ist schon neuer Krach vorprogrammiert, der besonders die CDU treffen dürfte.

Das Auseinanderbrechen der Koalition ist von den Spitzen der beiden großen Parteien noch einmal abgewendet worden, obgleich vor allem weite Kreise der CDU-Mitglieder nichts lieber gesehen hätten. Und nach neuesten Wahlprognosen sprechen Neuwahlen sogar für eine bürgerliche Mehrheit, würde danach doch die CDU 39 Prozent der Stimmen erreichen, die FDP 10 Prozent, während die SPD im Vergleich zur Landtagswahl 2005 sage und schreibe acht Prozent verloren hätte. Aber die Führung der CDU geht wohl von dem Grundsatz aus: "Was man hat, das hat man." Damit vergibt sie die Chance, durch eine Neuwahl Verhältnisse zu schaffen, die eine bürgerliche Politik ermöglichten.

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