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Steine des Anstoßes

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Ende 2005 geriet über mehrere Wochen die beschauliche sächsische Kleinstadt Borna, unweit von Leipzig gelegen, in die Schlagzeilen von regionalen und überregionalen Medien. Den Anlaß dafür bot die vom dortigen Bauausschuß erteilte Genehmigung, auf einem privaten Grundstück einen Gedächtnisort für die deutschen Opfer von Vertreibung, Bombenkrieg und Kriegsgefangenschaft zu errichten (JF 52/05-01/06). Kurz danach erreichte das Bornaer Landratsamt eine Nachricht des Landesamtes für Verfassungsschutzes (VS) Nordrhein-Westfalen, in der die Behörde auf die Verurteilung der Gründerin des Trägervereines Gedächtnisstätte e.V. wegen Volksverhetzung verwies und auf Verbindungen zwischen dem Verein und dem vom VS beobachteten „Collegium Humanum“ in Vlotho aufmerksam machte. Vorwurf des Rechtsextremismus Aufgrund dieser von lokalen und überregionalen Zeitungen aufgenommenen und verbreiteten Informationen – die bis zur Behauptung reichten, daß Borna ein „Wallfahrtsort für Rechtsextreme“ zu werden drohe, falls das Mahnmal errichtet würde – distanzierte sich der Oberbürgermeister der Kleinstadt schließlich von dem Projekt. Am 15. Dezember 2005 wurde die am 7. November erteilte Baugenehmigung schließlich widerrufen. Nunmehr bemüht sich der Verein Gedächtnisstätte e.V. seit Beginn dieses Jahres, in einem zweiten Anlauf die Kritiker doch noch von dem Projekt zu überzeugen. Seit März dieses Jahres hat der Verein eine kommentierte Skizze (siehe Abbilungen auf dieser Seite), die den konkreten Aufbau des geplanten Mahnmals erläutert, allen Mitgliedern des sächsischen Landtages und des Stadtrates von Borna, der Lokalpresse sowie den Publikationen der Vertriebenen- sowie der Kriegsopferverbände zur Kenntnis gebracht. Der konkrete Anlaß zur Gründung des Vereines Gedächtnisstätte ist laut dieser Eigendarstellung die Tatsache gewesen, daß es Jahrzehnte nach dem historischen Geschehen – auch nach dem Fall der Berliner Mauer und der Vereinigung von West- und Mitteldeutschland – von offizieller Seite immer noch keinen zentralen Gedenkort für die Opfer von Flucht, Vertreibung, Bombenkrieg und Kriegsgefangenschaft gebe. Daher sei insbesondere von einem kleineren Kreis von Vertriebenen der Versuch unternommen worden, mit Hilfe einer solchen Initiative doch noch zu Lebzeiten der letzten Zeitzeugen die Errichtung einer aus rein privaten Mitteln finanzierten Gedächtnisstätte zu ermöglichen, zum anderen aber auch die Diskussion um eine offiziellen Gedenkort zu befördern. Die konkrete Planung des Vereines auf dem im Januar 2005 vom Düsseldorfer Architekt Ludwig Limmer ersteigerten Bornaer Grundstück an der Röthaer Straße sieht die Errichtung von zwölf Granitwänden in Kreisform vor. Jede dieser Stelen mit einer Höhe von jeweils 2,30 Metern soll an eine bestimmte Opfergruppe erinnern. Ist Stein 1 allgemein den Opfern von Flucht, Vertreibung, Bombenkrieg und Gefangenschaft gewidmet, so weisen die Steine 2 bis 8 konkret auf die Opfer der Vertreibungen der Deutschen aus ihren ehemaligen Siedlungsgebieten östlich von Oder und Neiße hin. Auf Stein 9 wird an die Opfer des Bombenkrieges gegen deutsche Städte erinnert, auf Stein 10 an die Opfer der versenkten Flüchtlingsschiffe, Stein 11 an die von alliierten Soldaten vergewaltigten Frauen und Mädchen und Stein 12 an die in der Kriegsgefangenschaft ums Leben gekommenen deutschen Soldaten. Im Zentrum der geplanten Erinnerungsstätte soll ein zwölf Meter hohes Kreuz als „Sinnbild für Trauer und Mahnung an die Menschen, Frieden zu bewahren“ errichtet werden. Die nach dem Entwurf einfach gestalteten Granitwände enthalten Zahlenangaben über die jeweiligen Toten beziehungsweise aus ihrer Heimat Vertriebenen. Nach Angaben des Vereines stammen alle Zahlen „aus offiziellen bundesstatistischen Quellen“. Bei stärker variierenden Zahlenangaben wie beispielsweise bei den Opfern des Bombenkrieges seien „die untersten Werte eingesetzt“. Eine Ergänzung soll die Gedächtnisstätte durch ein privates Dokumentationszentrum in unmittelbarer Nachbarschaft erhalten. Dort beabsichtigt der Verein Gedächtnisstätte e.V. authentische Zeugnisse von Zeitzeugen, die selbst Opfer beziehungsweise Beobachter von Flucht, Vertreibung und Bombenkrieg geworden sind, in Form von Bildern, Filmen und Dokumenten für die Nachwelt festzuhalten. Verzicht auf militärische Symbole Die Inhalte der Dokumentation sollen sich laut Angaben des Vereines nicht beziehungsweise nur marginal von der bereits in Bonner Haus der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland präsentierten Ausstellung „Flucht, Vertreibung, Integration, Heimat“ unterscheiden. Gegen die im vergangenen Jahr verbreiteten Vorwürfe gegen den Verein und seine Initiatoren weisen die Verantwortlichen in einem „Offenen Brief“ darauf hin, daß sich der Vereinszweck laut eigener Satzung darauf beschränke, „eine würdige Gedächtnisstätte für die Opfer des Zweiten Weltkrieges … einzurichten“, wobei auf Soldatenverehrung und militärische Symbole bewußt verzichtet würde. Medien, Landrat und Abgeordnete des Sächsischen Landtages wird vorgeworfen, einen „Kreuzzug gegen ein Kreuz“ zu führen und auf „Mutmaßungen, Verdächtigungen und Verleumdungen“ statt auf Fakten zurückzugreifen. Zu den vom Verfassungsschutz gegen Mitglieder des Vereines Gedächtnisstätte e.V. erhobenen Beschuldigungen wegen tatsächlicher oder vermeintlicher Beziehungen zu rechtsextremen Organisationen äußern sich die Verantwortlichen des Projektes allerdings nicht. Verein Gedächtnisstätte e. V., Postfach 3120, 21209 Seevetal Entwurf: Das kreisförmige Mahnmal soll in einer leichten Bodensenke entstehen. Zum eigentlichen Erinnerungsort mit dem Kreuz und den Erinnerungssteinen führen vier Treppen hinab. Foto: Grundriß der geplanten Gedenkstätte Foto: Entwurf der geplanten Gedenkstätte in Borna: Den Mittelpunkt der Anlage soll ein zwölf Meter hohes Kreuz bilden, um den sich zwölf Gedenksteine aus Granit gruppieren

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