Heftige Kritik am Meinungsklima in Deutschland übt der bekannte Soziologe und Publizist Meinhard Miegel in einem Interview in der am Freitag in Berlin erscheinenden Wochenzeitung JUNGE FREIHEIT. “Es ist doch ein Unding, daß heute Menschen durch den Begriff ‚konservativ‘ oder auch ’neoliberal‘ regelrecht stigmatisiert werden können", kritisiert Miegel. Konservativ werde unzulässigerweise “mit ‚reaktionär‘ gleichgesetzt, ‚liberal‘ ist in Verbindung mit ’neo‘ zu einem Schimpfwort geworden". Umgekehrt könne mit dem “nichtssagenden Begriff ’sozial gerecht‘ alles und jedem eine Art Weihe verliehen werden" .

Miegel sieht dadurch aber nicht nur die Meinungsfreiheit eingeschränkt, sondern auch die Qualität des Diskurses in Deutschland bedroht: “Die Gesellschaft ist in vielerlei Hinsicht, vor allem aber in begrifflicher Hinsicht desorientiert. Das macht politisch notwendige Debatten schwierig." Wichtige, inhaltlich konservative Reformanstöße würden verhindert, weil “solche Inhalte nicht dem sogenannten Zeitgeist entsprechen", so Miegel.

Dabei warnt der Leiter des renommierten Instituts für Wirtschaft und Gesellschaft in Bonn (IWG) und ehemalige CDU-Berater eindringlich vor den Folgen einer solchen Reformverweigerung: “Viele pflegen heute einen Lebensstil, der dazu angetan ist, die Grundlagen unserer Gesellschaft zu beschädigen, wenn nicht gar zu zerstören." Miegel warnt vor einer Politik, die “mit Wort und Tat alles unternimmt, um die Zerrüttung einer Gesellschaft zu beschleunigen". In Deutschland, so der Sozialwissenschaftler resümierend, fehle es an “guter Politik".

V.i.S.d.P.: Thorsten Thaler, Chef vom Dienst, Hohenzollerndamm 27a, 10713 Berlin

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