Duisburg in Nordrhein-Westfalen ist auf den ersten Blick eine normale deutsche Stadt wie viele andere auch: überaltert, überfremdet, mit einer häßlichen Fußgängerzone, in der eine etwa zwölfköpfige Drogenszene vor sich hindämmert. Aber das idyllische, musterliberale Bild täuscht: Hier ist der Sitz des Duisburger Instituts für Sprach- und Sozialforschung, auch unter dem Kürzel DISS bekannt, einer Einrichtung, hinter deren harmloser, demokratischer Fassade sich eine linksradikale, kryptototalitäre Agenda verbirgt. Das Institut hat sich dem Kampf gegen „Rassismus und Rechtsextremismus“ verschrieben und unterhält eine intensive Langzeitbeziehung zur JUNGE FREIHEIT. Es versteht sich von selbst, daß auf der „Konferenz antifaschistischer Initiativen und Organisationen in NRW“, die am 7. Mai in Duisburg stattfand, der ins Herz geschlossene Dauerbrenner JF nicht fehlen durfte. Angekündigt war unter anderem die Bildung einer Arbeitsgruppe unter der Leitung des DISS-Mitarbeiters Helmut Kellershohn zur bangen Frage: „Ist die JUNGE FREIHEIT so harmlos, wie sie tut?“ Allzusehr scheint die Programmvorschau die hiesige Antifa-Szene jedoch nicht vom Hocker gerissen zu haben. Beim Betreten des „Internationalen Zentrums“ bot sich ein beschauliches Bild: freundliche, angegraute bis weißhaarige Senioren, die sich kaffeetrinkend auf der Terrasse sonnen. Die spärlich vorhandene Jugend rekrutiert sich zum Großteil aus einer Handvoll Mittdreißiger. Eine dröge Jazzrockband spielt lustlos vor einem Saal mit leeren Stühlen. Auf der Wand hinter ihr prangt ein gewaltiges Plakat im anheimelnden Kommandostil der Antifa: „Schluß mit Naziaufmärschen in NRW!“ Die ubiquitären „Nazis“ sind übrigens nicht nur das obsessive Konversationsthema Nummer eins, „Nazis“ zieren auch durchweg die Titelblätter der thematisch etwas monotonen Publikationen, die stapelweise ausliegen. Die abgefeimten Charaktermasken durchschaut Die Arbeitsgruppe sammelt sich in einem kleinen Seminarraum, in dem sie ein älterer, graubärtiger Herr empfängt, Helmut Kellershohn, vor sich einige Exemplare der JF. Der sechsköpfige Trupp ahnt jedoch nicht, daß ein – so würden sie es sicherlich formulieren – „faschistischer Provokateur“, nämlich ein sich hinterhältig verstellender Mitarbeiter der JF, unter ihnen weilt. Kellershohn hat großes Lob für die böse Zeitung übrig: Sie sei ein „effektiv gemachtes Blatt“, das „eine erhebliche Kampagnefähigkeit entwickelt hat“. Weite bürgerliche Kreise haben es gegen seine Ausladung von der Leipziger Buchmesse unterstützt, wichtige Leute aus allen Lagern ihm Interviews gegeben. Aber Kellershohn hat die Charaktermaske durchschaut und legt einen Evergreen des DISS auf, die „Entlarvung“ der JF als „Mogelpackung“. Hinter dem seriös-konservativen „Design“ verberge sich ein gefährliches, undemokratisches, rechtsextremistisches „Sein“, das leider nicht handfest zu beweisen ist. Das verdankt sich der ausgeklügelten Taktik des Blattes. Chefredakteur Dieter Stein, „ein knallharter, fähiger Organisator“, hätte frühzeitig erkannt, daß sich die Zeitung nur mit Camouflage durchsetzen würde. Es folgte eine „Säuberung“ (Röhm-Putsch? Große Tschistka?) der Redaktion von radikalen Elementen wie Armin Mohler, nicht aus weltanschaulichen Differenzen, sondern aus machiavellistischem Kalkül. Inzwischen halten sich die Redakteure selbst zurück, während fürs Eingemachte freie Mitarbeiter wie Götz Kubitschek („ein grober Kerl, der schlägt zu!“) von der Leine gelassen werden. Mit einer diabolischen „Schnittmengentaktik“ habe die JF erfolgreich „Netzwerke“ bis tief hinein in andere Lager gelegt, etwa in das „fundamentalistische“ Christentum und das Militär. Nichtsahnende Interviewpartner werden arglistig „über den Tisch gezogen“ und zu Propagandazwecken mißbraucht. Besonders abgefeimt erscheint dem Katholiken Kellershohn die seit einiger Zeit stark hervortretende „katholisierende“ Tendenz: Der Papst auf der Titelseite soll neue Leserkreise anziehen. Die Überschrift „Der Hüter des Glaubens“ spiele natürlich auf Carl Schmitt an. Guter und böser Bürgerkrieg im Gesinnungskränzchen Die Doppelzüngigkeit der JF zeige sich in zwei Strängen: in der „Bürgerrechtsrhetorik“ einerseits, die heuchlerisch „Meinungsfreiheit und Grundrechte“ ins Feld führt, und der vom Freund/Feind-Schema gesättigten „Bürgerkriegsrhetorik“ andererseits, die Kellershohn mit genüßlichem Grusel anhand von zwei Leitartikeln herbeiredet. Zwischenfrage eines Teilnehmers: Für uns Antifaschisten sind die Rechten doch auch Feinde, die wir bekämpfen wollen, ist das nicht auch „Bürgerkriegsrhetorik“? Kurzes Stutzen von Kellershohn: „Äh, du beziehst dich da sicher auf die Klassenkampftheorie. Es kommt doch darauf an, auf welcher Basis man einen Gegensatz entwickelt, die Linke ist antikapitalistisch legitimiert, die Rechte legitimiert sich aus ethnischen, rassischen, religiösen Unterscheidungen.“ – „Und außerdem vertreten wir ein libertär-humanistisches Weltbild, rechts und links sind einfach nicht gleich“, klärt eine nette ältere Dame den Fragesteller auf. Kellershohns Erzählungen schließen mit dem Fazit: „Die JF ist in der Tat gefährlich, weil sie eine intelligent gemachte Zeitschrift ist.“ Das leuchtet allerdings ein. Die inzwischen weiter geschrumpfte Gruppe wird dem eher unwillig akzeptierten Schicksal überlassen, ein Referat auszuarbeiten. Messerscharf wird die Summe aus den schaurigen Verdachtstautologien gezogen: „Die JF ist gefährlich, aber schwer greifbar“, also eine Art brauner Pumuckl. Man schlendert in den Hörsaal, wo einer der Veranstalter die erlösenden Worte spricht: „Ich nehme an, ihr alle wollt den Tag privat ausklingen lassen, und da die Referate sich früher als zähe Angelegenheit erwiesen haben, wollen wir den Punkt hiermit streichen.“ Ein Aufatmen geht durch das Gesinnungskränzchen. Endlich kann man wieder seiner Lieblingsbeschäftigung frönen: den „Nazis“, und mit frisch gewecktem Eifer wird diskutiert, wie man „Nazi-Aufmärsche“ verhindern soll.