Im deutschen Mittelstand kursiert das Wort vom „besseren Deutschland“. Gemeint ist Österreich. Besonders Bayern beginnt, kleine und mittlere Unternehmen an den Nachbarn zu verlieren. Die Regierung in München ist beunruhigt. Woher kommt es, daß die früher als rückständig geltende Alpenrepublik innerhalb weniger Jahre die größte und einst vitalste europäische Volkswirtschaft überholt hat? An dem Befund selbst läßt sich nicht rütteln: Die Arbeitslosigkeit in Österreich ist nur etwa halb so hoch wie in Deutschland, die Wirtschaft wächst schneller, es wird erheblich mehr investiert, der Staatshaushalt ist nahezu ausgeglichen, die Körperschaftssteuer wurde gerade erst auf 25 Prozent gesenkt, Gewerbesteuer und Soli-Zuschlag kann man sich ersparen. Während in Deutschland die Nachteile der EU-Erweiterung diskutiert werden, verstehen es die Österreicher, die Chancen in Mittel- und Osteuropa zu nutzen. In Deutschland ist die Stimmung nachhaltig depressiv, in Österreich optimistisch und pragmatisch. In Berlin regiert ein Linksbündnis, an dem die traditionell industriefeindlichen Grünen beteiligt sind, in Wien agiert eine Mitte-Rechts-Regierung, der es gelungen ist, das verfilzte System zu durchlüften und zu entrümpeln. Daß das lähmende schwarz-rote Kartell aufgebrochen werden konnte, ist ein Verdienst der FPÖ und Jörg Haiders. Es stimmt, daß die Partei nur noch ein Schatten ihrer selbst ist und daß Haider demontiert hat, was er vorher aufbaute. Aber ohne ihn wäre die FPÖ nie über 25 Prozent gekommen. Ohne ihn wäre der Machtwechsel nicht möglich gewesen. In Deutschland fehlt eine vergleichbare nationalliberale Kraft. Die Regierenden beschäftigen sich mit überflüssigen Dingen wie Dosenpfand, Ökosteuer und Geschichtsdoktrinen. Wenn reformiert wird, dann bruchstückhaft und ohne überzeugendes Konzept. Niemand weiß mehr, was die vielen Hartz-Reformen bezweckt und gebracht haben. Vergangenheitsbewältigung statt Zukunftsorientierung, zuviel negatives Denken: So entsteht kein Aufschwung. Sicherlich profitiert Österreich auch davon, daß es mit acht Millionen Einwohnern ein kleines Land ist. Kleine Länder lassen sich besser regieren. Schon deswegen ist es vordringlich, Deutschland zu dezentralisieren (und selbstverständlich auch die EU, weswegen nichts wünschenswerter ist als das Scheitern der mißratenen EU-Verfassung). Ein Wettbewerb der Bundesländer wäre das beste Wachstumsprogramm. Wenn Bayern seine Steuern selbst festlegen und die Rahmenbedingungen der Wirtschaft selbst setzen könnte, bräuchte der Wirtschaftsminister in München keine Abwanderung mehr zu fürchten. Dr. Bruno Bandulet ist Herausgeber des DeutschlandBriefes und des Finanzdienstes G&M.
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