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Mit der Muttersprache zum Erfolg

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Angesichts der wachsenden Zahl von ausländischen Schülern zeichnet sich an deutschen Schulen immer deutlicher eine ungewöhnliche Entwicklung ab, die neuerdings auch durch maßgebliche Politiker aus dem Lager der Union Rückendeckung erfährt. Zwar werden bereits seit Jahren an einigen deutschen Schulen türkische Sprachkurse angeboten, doch nun hat die Frage der Integration von türkischstämmigen Schülern einen völlig neue Dimension erreicht: Immer mehr deutsche Schulen führen Türkisch als zweite Fremdsprache ein. So ist laut einem aktuellen Bericht der Ausländerbeauftragten der Bundesregierung, Marieluise Beck, bereits an mehreren Gesamtschulen versuchsweise Türkisch als zweite Fremdsprache eingeführt worden. Später soll dann auch die Abiturprüfung im Fach Türkisch ermöglicht werden. Unter anderem wird bereits an der Düsseldorfer Hulda-Pankok-Gesamtschule sowie an der Kölner Willy-Brandt-Gesamtschule seit diesem Schuljahr Türkisch als zweite Fremdsprache angeboten. Nach Auskunft des hessischen Kultusministeriums sind ähnliche Versuche bereits auch in Hessen angelaufen, etwa an der rund 820 Schüler zählenden Mathildenschule in Offenbach. Schulleiter Eckhart Hengel erklärte der JUNGEN FREIHEIT, daß an seiner Gesamtschule in diesem Jahr bereits zum zweiten Mal in Folge ab der 7. Klasse das Fach Türkisch angeboten werde. Der neue Kurs, der sich ausschließlich aus türkischstämmigen Schülern zusammensetzt, soll bis zur 10. Klasse weitergeführt werden. In einem Offenbacher Gymnasium werde zudem erwogen – quasi als Fortsetzung des Programms an der Mathildenschule -, zwischen der 11. und 13. Klasse ebenfalls Türkisch anzubieten. Der Schulleiter der Mathildenschule bewertete aufgrund der großen Anzahl von türkischen Schülern die Einführung von Türkisch als Unterrichtsfach als großen Erfolg. „Es ist eine gute Möglichkeit, den türkischen Schülern mit dem neuen Sprachenangebot auch kleine Vorteile zu gewähren.“ Die eigene Muttersprache als schulische Zweitsprache mache es den türkischstämmigen Jugendlichen einfacher, gute Noten zu bekommen. „Wegen ihrer Herkunft werden die jungen Türken häufig benachteiligt. Durch die neue Regelung haben es die jungen Türken nun einfacher, einen guten Abschluß zu machen.“ Das sei mehr als gerecht, sagte Hengel. Ungeachtet der nach wie vor kritischen Haltung der CDU zu einem künftigen Beitritt der Türkei zur Europäischen Union sprach sich der hessische Ministerpräsident Roland Koch (CDU) Anfang September auf einer Tagung für die Einführung von Türkisch als Unterrichtssprache an staatlichen Schulen aus. Er forderte, Türkisch neben anderen Fremdsprachen in einiger Zeit auch als „normale Unterrichtssprache“ anzubieten, die man „als zweite und dritte Fremdsprache genauso belegen und seine Abiturnote damit bekommen kann“. Schulleiter Hengel hob hervor, daß durch die Äußerungen von Koch, das neue Sprachangebot nun auch endlich durch die Politik gestützt werde. Bei dem europaweit ersten Kongreß zum Thema „Sprachförderung für türkischstämmige Bürger in Europa“ in Frankfurt sagte Koch weiter, daß die deutsche Sprache für die hier lebenden Türken zwar nach wie vor wichtig sei, um sich zu integrieren, den Türken das Erlernen der eigenen Muttersprache aber nicht verwehrt werden solle. Bei vielen Unions-Anhängern dürften diese Äußerungen zu Irritationen geführt haben, da die CDU bisher immer wieder die nötige Integrationswilligkeit der Zuwanderer betont und Bevorzugungen von Ausländern abgelehnt hatte. Mit seinen jüngsten Äußerungen will Koch offensichtlich den knapp drei Millionen in Deutschland lebenden Türken Rechnung tragen. Diese sollten – allen Integrationsförderungen zum Trotz – ihre eigenen Wurzeln nicht vergessen, so der Ministerpräsident. Wie stark sich die jungen Türken dabei auf welchen Teil ihrer doppelten Heimat einließen, sei ihre eigene Entscheidung, sagte der CDU-Politiker auf dem Kongreß, der von der European Turkish Union (ETU) aus Gießen veranstaltet wurde. Die vor rund einem Jahr von 16 Dachverbänden und Privatpersonen gegründete Interessengemeinschaft will nach eigenen Angaben die „Teilhabe von Zuwanderern am Integrationsprozeß fördern“. Ob mit der Einführung von Türkisch als Zweitsprache an den Schulen allerdings tatsächlich der Integration der in Deutschland lebenden Türken gedient ist, wird von Kritikern in Frage gestellt. Sie befürchten, daß durch den Türkischunterricht für die Einwandererkinder das erfolgreiche Erlernen der deutschen Sprache weiter in den Hintergrund trete. Zudem könnte die Einführung von Türkisch als Zweitsprache die Forderungen von türkischen Interessenvertretern weiter bestärken, die in den vergangenen Jahren mehrfach den generellen muttersprachlichen Unterricht für Türken an deutschen Schulen gefordert haben.

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