Für die sogenannten „kleinen Parteien“, also jene, die weder im Bundes- noch in einem der Landtage Abgeordnete stellen, hat der aufreibendste Teil des Wahlkampfes lange vor der „heißen“ Phase im September schon begonnen. Das Bundeswahlgesetz (BWG) beinhaltet einige Hürden für die Zulassung von „Parteien, die im Deutschen Bundestag oder in einem Landtag seit deren letzter Wahl nicht auf Grund eigener Wahlvorschläge ununterbrochen mit mindestens fünf Abgeordneten vertreten waren“. Die schwierigste davon ist sicherlich die Sammlung von Unterstützungsunterschriften für ihre Landeslisten (in der Regel rund 2.000 pro Bundesland) und – falls sie auch mit Direktkandidaten antreten wollen – ihre Kreiswahlvorschläge. Vorher müssen sie beim Bundeswahlleiter anzeigen, daß sie zur Bundestagswahl antreten wollen, der Bundeswahlausschuß prüft dann im Anschluß daran, ob die entsprechenden Antragsteller als Parteien anzuerkennen sind. Kriterien für die Anerkennung sind „schlüssig und glaubhaft dargelegte Informationen“ über die Mitgliederzahl, die Dauer des Bestehens, die bisherige Wahlteilnahme und das Hervortreten in der Öffentlichkeit der jeweiligen politischen Vereinigung. Im aktuellen Fall wird an diesem Freitag der Bundeswahlleiter verkünden, welche Parteien dies sind. Bis zu diesem Zeitpunkt sind von offizieller Seite keine gesicherten Angaben zu erhalten, teilte das Büro des Bundewahlleiters auf Anfrage der JUNGEN FREIHEIT mit. Laut eigener Angaben haben folgende „kleine Parteien“ ihren Wunsch zur Teilnahme angezeigt: Republikaner (REP), Partei Bibeltreuer Christen (PBC), Partei Rechtsstaatlicher Offensive (Offensive D), Tierschutzpartei, Familienpartei sowie die Feministische Partei (Die Frauen). NPD und DVU treten wechselseitig mit Landeslisten an, auf denen auch Bewerber des jeweils anderen Partners kandidieren. Da beide Parteien in jeweils einem Landtag vertreten sind, müssen sie keine Unterstützerunterschriften einreichen. Nach Informationen der JF kandidieren auf Listen der NPD auch Mitglieder der Deutschen Partei (DP), wenn auch auf eher chancenlosen Plätzen. Die Parteien müssen bis zum 15. August ihre Landeslisten und Kreiswahlvorschläge bei den jeweiligen Landeswahlleitern oder Kreiswahlleitern samt den notwendigen Unterstützerunterschriften vorlegen. Obwohl der Bundesinnenminister am 21. Juli eine Verordnung erlassen hat, mit der die im BWG festgeschriebenen Fristen wegen der vorzeitigen Auflösung des Bundestages verkürzt wurden, ist der Zeitraum für die Unterschriftensammlung immer noch denkbar knapp. Klagen vor dem Bundesverfassungsgericht Nach der neuen Fristsetzung wird spätestens am 25. August über die Zulassung oder Zurückweisung der Listenvorschläge im Bundeswahlausschuß entschieden. Wegen dieser Einschränkungen hat bereits eine Anzahl der Betroffenen Organklage beim Bundesverfassungsgericht erhoben (siehe den Artikel auf Seite 5). Für die Republikaner ging ihr Bundesvorsitzender Rolf Schlierer nach Karlsruhe, um sich „gegen die unangemessene und verfassungswidrige Benachteiligung kleiner Parteien“ zur Wehr zu setzen. Hauptursache für die Beschwerde ist der verkürzte Zeitraum für die Sammlung der Unterstützungsunterschriften. Normalerweise hätten die „kleinen Parteien“ über ein Jahr Zeit, diese zu sammeln; wegen der vorgezogenen Neuwahlen müßte diese erforderliche Zusatzleistung jedoch trotz verkürzter Fristen binnen weniger Wochen erbracht werden. Hierin sehen die Republikaner eine Verletzung des im Grundgesetz verbrieften Grundrechtes der Parteien auf Mitwirkung an der politischen Willensbildung, sagte Schlierer. Die Republikaner wollen so erreichen, daß die Pflicht zum Sammeln der Unterschriften aufgrund der besonderen Umstände modifiziert wird. Vergleichbares habe es 1990 gegeben. Ähnlich argumentieren auch die ÖDP und die Familienpartei, die ebenfalls ein Organstreitverfahren vor dem Bundesverfassungsgericht angestrengt haben. Ihnen geht es auch um eine Reduzierung der erforderlichen Unterschriften, nicht um die grundsätzliche Verhinderung der vorgezogenen Wahl: „Wir sind nicht gegen die Neuwahlen, wenn die Chancengleichheit gewahrt wird“, sagte ÖDP-Generalsekretär Claudius Moseler. Im Bundeswahlgesetz müßte die Herabsenkung der Unterstützerzahl ermöglicht werden. Wegen der Hindernisse auf dem Weg zur Wahlteilnahme hat auch die Offensive D Klage beim Verfassungsgericht mit dem Ziel erhoben, den Termin der Bundestagswahl zu verschieben. Am Montag hatte das Gericht entschieden, die Klagen der Parteien unabhängig von den Verfahren der beiden Bundestagsabgeordneten Schulz und Hoffmann zu verhandeln. ÖDP-Sprecherin Florence von Bodisco weist darauf hin, daß die Entscheidung nicht die Abweisung der Klage bedeute, sondern lediglich den Beitritt dieser Parteien zum Organstreitverfahren der beiden Bundestagsabgeordneten betraf. Gemeinsam ist den politisch recht unterschiedlichen Klägern die Argumentation, daß ohne „kleine Parteien“ den Bürgern Alternativen zu den Etablierten fehlten und somit ihre demokratischen Wahlmöglichkeiten eingeschränkt seien.