Der Bundesrechnungshof (BRH) stellte am vergangenen Mittwoch seinen Ergebnisbericht für das Jahr 2004 vor. Darin informiert die Behörde über die nach parlamentarischer Beratung erfolgte Umsetzung der im Jahre 2002 von ihr geübten Kritik an unsachgemäßer Ausgabe von Steuergeldern in die Praxis. „Bei einer Staatsverschuldung von über 1,3 Billionen Euro müßte es selbstverständlich sein, die knappen Mittel wirtschaftlich einzusetzen. Daß dies leider nicht so ist, zeigen unsere jährlichen Bemerkungen. Wichtig ist bei anhaltend schwieriger Haushaltslage vor allem ein ehrlicher Blick für das Machbare: Sorgfältige Planungen, Bedarfsanalysen, Erfolgskontrollen und die Bereitschaft zu Kurskorrekturen sind im Umgang mit knappen Finanzmitteln unabdingbar“, sagte der Präsident des Bundesrechnungshofes, Dieter Engels, anläßlich der Vorstellung des aktuellen Berichtes. Da nach seiner Meinung die Möglichkeit der staatlichen Finanzkontrolle mittels Kritik und Empfehlungen an der Konsolidierung des Bundeshaushaltes mitzuwirken nur begrenzt ist, komme es in erster Linie auf die Akzeptanz ihrer Arbeit durch das Parlament an. Und diese sei laut Engels gegeben: „Der Rechnungsprüfungsausschuß des Bundestages, der für die Beratung der Bemerkungen zuständig ist, hat sich in über 90 Prozent der Fälle den Empfehlungen des Bundesrechnungshofes angeschlossen.“ Werden diese Empfehlungen in Zukunft konsequent angewandt, so könnten nach Auffassung des BRH-Präsidenten einmalig Ausgaben in Höhe von 1,1 Milliarden Euro vermieden und im Folgejahr eine weitere Milliarde Euro eingespart werden. Fehlender Überblick bei der Sprachförderung Als Fallbeispiele führt der Bundesrechnungshof frühere Planungsfehler an, die durch verbesserte Kontrollmaßahmen künftig nicht mehr vorkommen sollen. So kaufte etwa das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge unnötige IT-Komponenten und zu teure Computer und gab deshalb insgesamt 9,2 Millionen Euro mehr aus als erforderlich. Unter anderem hat das Bundesamt kostspielige Speichersysteme für 32 Außenstellen beschafft, von denen acht kurz vor der Schließung standen. „Durch ein neu eingeführtes IT-Controlling können solche Fehler nun vermieden werden“, gibt sich der Rechnungshof optimistisch. Beim Presse- und Informationsamt der Bundesregierung monierten die Finanzkontrolleure eine ungenügende Koordination bei Druck und Vertrieb von Informations- oder Werbemitteln durch die einzelnen Ministerien. Zukünftig müsse Herstellung und Verbreitung einheitlicher und damit kostengünstiger erfolgen, so die Forderung, der sich auch der zuständige Bundestagsausschuß anschloß. Das Amt habe sich „erkennbar bemüht, die Empfehlungen des BRH umzusetzen“, heißt es nun im Ergebnisbericht, die Erwartungen des Parlaments seien aber noch nicht erfüllt. Dem Auswärtigen Amt werfen die Prüfer mangelnden Überblick bei der Förderung der deutschen Spache (als Fremd- und Mutterspache) in Polen vor. Es fehle an einer ausreichenden Steuerung und an bedarfsgerechter Schwerpunktsetzung. Dies habe dazu geführt, daß das AA für die Entsendung deutscher Lehrkräfte in Staaten Mittel- und Osteuropas seit 1991 zehn Millionen Euro mehr ausgegeben habe, als mit den entsprechenden Regierungen vereinbart worden sei. Gleichzeitig würden auf Kosten Deutschlands vor Ort ansässige Lehrer ausgebildet. Im Ergebnisbericht stellt der Rechnungshof jetzt fest: „Das AA hat seine Länderkonzeption inzwischen aktualisiert und die Zahl deutscher Lehrer in Polen wesentlich verringert. Darüber hinaus hat es dafür gesorgt, daß sich künftig die Förderung von Aus- und Fortbildungsmaßnahmen polnischer Deutschlehrkräfte am Bedarf orientiert.“ Ebenso unwirtschaftlich sei das Außenministerium beim Erwerb von Liegenschaften im Ausland vorgegangen. So kaufte man in Genua für 4,6 Millionen Euro ein Grundstück für die deutsche Schule, obwohl wegen sinkender Schülerzahlen kein Bedarf bestand; seit der Freigabe der Liegenschaft im Jahre 1999 fand sich noch kein Käufer. Obwohl der Rechnungsprüfungsausschuß des Bundestages auf die Kritik des BRH hin das AA aufgefordert hat, „einen Zwischenbericht zum Liegenschaftsmanagement am Standort Genua vorzulegen“, ist es dieser Forderung bisher noch nicht nachgekommen. Beim Bundesverteidigungsministerium stellten die Finanzkontrolleure ausufernde Mittelvergaben bei der Beschaffung von Rüstungsgütern fest: „Erst aufgrund der Prüfungserkenntnisse des Bundesrechnungshofes hat die Bundeswehr ihre seit 1990 laufenden Vorarbeiten zur Entwicklung einer Drohne für die elektronische Kampfführung eingestellt. Das Vorhaben hat sich so lange verzögert, daß die Drohne nicht mehr den militärischen Anforderungen entsprochen hätte. Einen Großteil der bis dahin ausgegebenen 17,4 Millionen Euro hätte die Bundeswehr bei einem früheren Abbruch des Vorhabens sparen können. Jetzt wird sie prüfen, ob sie ihren Bedarf an derartigen Drohnen mit Hilfe der Bündnispartner decken kann“, stellt der Ergebnisbericht fest. Der mit jährlich etwa 16 Millionen Euro zu Buche schlagende Betrieb von Marineflugzeugen des Typs „Do 228“, der in diesem Umfang nicht vom militärischen Bedarf gedeckt worden sei, wird infolge der Kritik reduziert. „Ein Flugzeug soll nun verkauft werden, und die Bundeswehr lastet zwei Maschinen besser durch Transporte aus. Der Einsatz der beiden übrigen Flugzeuge zur Überwachung der Meeresverschmutzung soll in Zukunft vom Bundesministerium für Verkehr, Bau und Wohnungswesen finanziert werden.“ Die Empfehlungen haben keine verbindliche Wirkung Der Bericht des BRH bietet sogar das Beispiel einer öffentlichen Geldverschwendung im buchstäblichen Sinne: so ließ das Bundesfinanzministerium noch unmittelbar vor der Einführung des Euro in erheblichem Umfang DM-Münzen prägen, die kurze Zeit später wertlos waren; das ganze kostete einen zweistelligen Millionenbetrag – in neuer Währung selbstverständlich. „Durch ein auf Anregung des Bundesrechnungshofes entwickeltes Planungskonzept für Prägemengen soll die bedarfsgerechte Prägung von Münzen künftig aber sichergestellt werden“, verspricht der Bericht nun Abhilfe. Trotz der Beherzigung mancher Kritik des Bundesrechnungshofes durch die zuständigen Ressorts sieht die Behörde immer noch genügend Anlaß zur Mahnung. In den allgemeinen Feststellungen des Ergebnisberichtes wird an Tadel nicht gespart, was die mangelnden Bemühungen von Bund und Ländern bei der Konsolidierung der öffentlichen Haushalte angeht. Die Vereinbarkeit der Haushaltsentwicklung in Bund und Ländern mit dem europäischen Stabilitätsziel eines ausgeglichenen Staatshaushalts werde zwar regelmäßig im Finanzplanungsrat erörtert. Dessen Empfehlungen haben, so BRH-Präsident Dieter Engels, „allerdings nach wie vor keine verbindliche Wirkung. Zudem steht auch die vom Rechnungsprüfungsausschuß geforderte Regelung für die Aufteilung möglicher Sanktionszahlungen noch aus. Hier besteht dringender Klärungs- und Handlungsbedarf, denn Deutschland wird aller Voraussicht nach im Jahr 2004 die Grenze für das staatliche Defizit von drei Prozent des Bruttoinlandsproduktes wiederum verfehlen.“ Foto: Großmutter Gudrun Lorenz mit Enkelin Sofia vor der „Schulden-Uhr“ vom Bund der Steuerzahler: Opfer der Verschuldung
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