Anzeige
Anzeige

Vom jungen Wilden zum Landesvater

Vom jungen Wilden zum Landesvater

Vom jungen Wilden zum Landesvater

 

Vom jungen Wilden zum Landesvater

Anzeige

Cato, Palmer, Exklusiv

W enn am kommenden Sonntag um 18 Uhr die Stimmlokale im Saarland schließen, könnte es für Bundeskanzler Gerhard Schröder und seine Genossen ungemütlich werden. Denn unabhängig davon, wie die CDU unter Ministerpräsident Peter Müller abschneidet, eines steht bereits jetzt fest. Die von 1985 bis 1999 unter Oskar Lafontaine alleine regierenden Sozialdemokraten werden eine üble Pleite erleben, im schlimmsten Fall droht Spitzenkandidat Heiko Maas gar eine Halbierung der früheren Spitzenergebnisse. Nur noch 30 Prozent mit stark sinkender Tendenz prognostizieren die Wahlforscher für die SPD. Bereits 1999 hatte der damalige Ministerpräsident und Lafontaine-Nachfolger Reinhard Klimmt unter dem plötzlichen Polit-Rückzug seines Vorgängers zu leiden und verlor bei einem Minus von etwa fünf Prozent gegen den CDU-Herausforderer Müller. Seitdem regieren die Christdemokraten mit einem 26:25-Vorsprung im einzigen Zwei-Parteien-Landtag der Republik. Doch damit könnte es bald vorbei sein. Obwohl alle Meinungsforscher die CDU derzeit bei rund 50 Prozent sehen und die Zufriedenheit mit Ministerpräsident Müller in vielen Umfragen zum Vorschein kommt, können vor allem die kleinen Parteien vom allgemeinen politischen Unmut profitieren. Mittlerweile zweifelt kaum ein Beobachter daran, daß die Bündnisgrünen unter Führung des Bundestagsabgeordneten Hubert Ulrich die Rückkehr in den Saar-Landtag schaffen werden. Sieben Prozent würden derzeit die Öko-Partei wählen, von der SPD-Mann Maas erstaunt sagt, „daß man manchmal den Eindruck hat, die Grünen würden in Berlin gar nicht mit regieren“. Der Volkszorn gegen die Hartz-IV-Gesetze ist gerade in den strukturschwachen urbanen Gebieten an der Saar spürbar. In den ehemaligen Arbeiterhochburgen der Landeshauptstadt mangelt es an Zukunftsperspektiven und an Erfolgsaussichten für die SPD. Hier hatte Oskar Lafontaine seine treuesten Anhänger – viele von ihnen werden am Sonntag zu Hause bleiben, der SPD droht gerade in ihren Stammbezirken ein Fiasko. „Ohne Rückenwind aus Berlin kann man keine Wahl gewinnen“, sagt Maas resigniert und muß zusehen, wie andere Parteien in der Wählergunst zulegen. So schaffte auch die FDP am vergangenen Wochenende erstmals in Umfragen den Sprung über die Fünf-Prozent-Hürde, und der junge Spitzenkandidat Christoph Hartmann frohlockt bereits: „Die CDU wird sich warm anziehen müssen.“ Denn auch Ministerpräsident Müller kämpft gegen bundespolitische Unwägbarkeiten. Seit Wochen gehen die Umfragewerte der Christdemokraten nach unten – an der Saar halten sich die Verluste noch in Grenzen. Im Mai wollten 53 Prozent die Union wählen, wenige Tage vor der Stimmabgabe prognostizierte Infratest-Dimap noch 50 Prozent. Daß dies so ist, verdankt die Union ihrem Frontmann Müller. Der Einser-Jurist hat sich innerhalb weniger Jahre von einem „jungen Wilden“ zum kumpelhaften Landesvater entwickelt. Kein Wunder, daß die Wahlkampfplaner der CDU neuerdings auf das Parteilogo verzichten. „5. September – Peter Müller wählen“, heißt die schlichte, aber erfolgsträchtige Botschaft. 67 Prozent würden sich bei einer Direktwahl für den Amtsinhaber entscheiden – „dagegen zu agieren, ist fast unmöglich“, so SPD-Herausforderer Maas. Erfolgsaussichten der Rechtsparteien sind unklar Der aussichtslose Genosse hat einen anderen Gegner auserkoren: die am rechten Rand agierende NPD. „Wenn die es schaffen würden, wäre das eine Katastrophe“, unkt Maas. Dabei sind die Erfolgsaussichten für die Nationaldemokraten unklar. Bei den Europawahlen im Juni kam die Rechtspartei auf 1,9 Prozent, schaffte aber den Sprung in den Völklinger Stadtrat und verpaßte den Einzug in den Rat der Landeshauptstadt Saarbrücken nur knapp. „Die größte Sensation aller saarländischen Landtagswahlen kündigt sich an“, glaubt ihr Spitzenkandidat Peter Marx. Große Konkurrenz hat die NPD nicht, der marode REP-Verband unternahm keinerlei Wahlvorbereitungen und hat frühzeitig auf eine Teilnahme verzichtet. Nur die Deutsche Partei hat mit Unterstützung der örtlichen Vereinigung der Rußlanddeutschen die erforderlichen Unterstützungsunterschriften zusammenbekommen. Mittlerweile haben die Saar-Republikaner zur Wahl der DP aufgerufen. Mit ihr habe man „die größten politischen Gemeinsamkeiten“, heißt es in der Erklärung der Republikaner. „Mindestens 2,5 Prozent“ traut die Saarbrücker Zeitung indes der NPD zu und stellt „eine deutlich steigende Tendenz fest“. Das Abschneiden der „Sonstigen“ bleibt die große Unbekannte. Etwa zehn Prozent wollen eine kleine Partei wählen, „und da könnte so manche versteckte NPD-Stimme mit drin sein“, glaubt die SZ. „Wir werden in den saarländischen Landtag einziehen“, predigt der NPD-Spitzenkandidat, der mit Parolen wie „Marx statt Hartz“ oder „Marx macht mobil“ auf Protest setzt. Dies tut auch die PDS, die an der Saar ähnlich wie in den anderen westdeutschen Bundesländern bisher ein Schattendasein fristete. Öffentlichkeitswirksam boten die Saar-Sozialisten dem ehemaligen Ministerpräsidenten Lafontaine einen Parteiwechsel an und verkündeten, „Oskars Politik“ machen zu wollen. Nur ein Prozent wird der PDS derzeit vorausgesagt, doch Infratest-Dimap glaubt, daß der eine oder andere SPD-Wähler aus Protest auf die PDS umschwenken könnte. Mit Spannung erwartet wird das Abschneiden eines regionalen Phänomens – der Familienpartei Deutschlands. Seit Jahren hat der Bundesvorsitzende und Kinderarzt Franz-Josef Breyer die kommunale Verankerung seiner Partei von der Kreisstadt St. Ingbert aus betrieben. Bei der Landtagswahl vor fünf Jahren kam die Familienpartei auf 1,0 Prozent und damit zum ersten Mal in den Genuß der staatlichen Parteienfinanzierung. Bei den EU-Wahlen im vergangenen Juni düpierte Breyers Mannschaft dann die „sonstige“ Konkurrenz mit 2,5 Prozent und erzielte bei der Stadtratswahl in St. Ingbert mehr als sieben Prozent der Stimmen. „Eine Verdoppelung des Ergebnisses von 1999“ ist das Minimalziel der Familienpartei, die gerade in ländlichen Gegenden punkten könnte. „Denn“, so Infratest-Dimap, „die bürgerlichen Wähler sind mit Peter Müller einverstanden, haben aber große Bedenken, was den Gesamtzustand der Union anbetrifft.“

Anzeige
Anzeige

Der nächste Beitrag

ähnliche Themen
Hierfür wurden keine ähnlichen Themen gefunden.