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Multi-Kulti-Truppe als Feigenblatt

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Unwort, Umfrage, Alternativ

Nach dem Tod von Usai und Kudai, den beiden Söhnen von Ex-Präsident Saddam Hussein, sind die US-Besatzungstruppen im Irak dazu übergegangen, alle Anstrengungen zu unternehmen, den einstigen Diktator selbst „zur Strecke zu bringen“, wie es im inzwischen im Medienjargon heißt. Mitglieder der „Task Force 20“ sind damit beauftragt, Saddam Hussein zu jagen und zu finden. Nach diversen Überfällen auf US-Soldaten herrscht im Irak ein angespanntes Klima. Bei der Suche nach Saddam im Bagdader Stadtteil Mansur sollen amerikanische Soldaten laut Augenzeugen das Feuer auf Insassen eines verdächtigen Autos eröffnet haben. Ein Insasse hätte das Auto verlassen, um zu demonstrieren, daß es keinen Grund für einen derartigen Feuerüberfall gäbe. Es nützte nichts: Er, sein Bruder und deren Mutter wurden erschossen. Auch ein zweites Auto soll beschossen worden sein. Bagdads Zentralkrankenhaus berichtete schließlich von fünf Toten Irakern. Der Tod von fünf unschuldigen Zivilisten dürfte den Zorn der Iraker gegen die angloamerikanischen Besatzer weiter anschwellen lassen. Aktionen wie die Mansur dürften kein Einzelfall bleiben. Die Amerikaner haben bereits angekündigt, daß sie aufgrund einer verbesserten Informationslage weitere Razzien durchführen werden. Hinter diesen Aktionen dürfte seitens der Amerikaner der Glaube stehen, daß der Widerstand gegen die US-Besatzer mit dem Tod der Protagonisten des alten Regimes, allen voran natürlich Saddam Husseins, abnehmen werde. Ein verständlicher Wunsch, denn allein in den letzten zwei Wochen verloren elf US-Soldaten ihr Leben. Das ist die höchste Quote seit dem Ende der Kampfhandlungen, das freilich nur seitens der USA ausgerufen worden war. Es gibt allerdings auch Gegenstimmen zu dieser optimistischen Annahme. Diese gehen davon aus, daß der Widerstand bei einem Tod der wichtigsten Mitglieder der Familie von Saddam Hussein im Gegenteil weiter ansteigen könnte. Eine Reihe von Irakern könnte alle Hemmungen im Hinblick auf einen gewaltsamen Widerstand ablegen, wenn ihre Aktionen nicht mehr mit dem alten Regime in Verbindung gebracht werden könnten. Darüber hinaus gäbe es noch eine Reihe von Irakern, die glaubten, daß das alte Regime eines Tages doch reinstalliert werden könnte. Stürben deren Repräsentanten, könnten seitens dieser Klientel die letzten Hemmungen fallen. Kaum ein Iraker, auch nicht die Angehörigen der Baath-Partei, glauben indes, daß das alte Regime eine Chance auf Restitution haben könnte. Viele Iraker waren nur aus Karrieregründen Mitglied in der Partei. Die Unterdrückungsmechanismen lehnte eine große Mehrheit von jeher ab. Selbst diejenigen Stimmen, die behaupten, daß es unter Saddam „besser“ gewesen sei, können nicht als Indikator dafür hergenommen werden, daß eine Restauration des Regimes gewünscht wird. Eher spiegelt sich in diesen Aussagen die tiefgreifende Enttäuschung über den Mangel an innerer Sicherheit, dem Zusammenbruch der öffentlichen Ordnung, der Probleme mit Trinkwasser und Elektrizität, der Furcht vor Arbeitslosigkeit und das Gefühl täglicher Degradierung, das mit der Anwesenheit ausländischer Besatzungstruppen verbunden ist. Mehr Sorgen als die diskreditierte Familie Saddam Husseins sollte den Amerikanern das Potential, das mit dem Anschwellen des radikalislamistischen Widerstandes verbunden ist, machen. Dabei spielt es keine Rolle, ob dieser Widerstand sunnitisch oder schiitisch inspiriert ist. Jüngst rief der junge Geistliche Muktada al Sadr einige tausend Sympathisanten auf die Straßen von Najaf, um gegen die USA zu demonstrieren. Gleichzeitig demonstrierten etwa 15.000 wütende irakische Sunniten in Basra. Einige Tausend mehr machten ihren Unmut im westlichen Bagdad Luft. In Bagdad monierten sunnitische Geistliche, daß der 9. April, der Tag des Falles von Bagdad, von den Amerikanern als nationaler Feiertag ausgerufen wurde. Die Sunniten betrachten diesen Tag dagegen als den Tag des Beginns der ausländischen Besetzung des Iraks. US-Offizielle kanzeln al Sadr gerne als heißköpfigen Populisten ab. Und in der Tat repräsentiert al-Sadr noch nicht die Mehrheit der Schiiten. Das kann sich aber ganz schnell ändern. Der 30jährige ist der Sohn des hochangesehenen Großayatollahs Mohammad Sadek al Sadr, der 1999 angeblich auf Anordnung der damaligen irakischen Regierung ermordet worden war. Sadr führt eine der drei Gruppen, die um die Vertretung der schiitischen Mehrheit in einem neu geordneten Irak konkurrieren. Alle diese Demonstrationen signalisieren sowohl einen stärker werden Einfluß des islamischen Fundamentalismus als auch ein steigendes Potential für eine sunnitisch-schiitische Auseinandersetzung im Irak. Die radikalislamistische Gefahr gibt denjenigen Kritikern recht, die bereits vor dem Krieg vor einer Konjunktur des Fundamentalismus in der islamischen Welt bei einem Angriff der USA auf den Irak gewarnt hatten. Kein Wunder, daß die USA derzeit brennend daran interessiert sind, ihre Probleme im Irak zu internationalisieren. Da kein UN-Mandat vorliegt, soll demnächst eine 9.200 Mann starke Hilfstruppe aus 29 „willigen“ Nationen die etwa 157.000 angloamerikanischen Besatzer im Irak entlasten: Das größte Kontingent stellt Italien mit 2.900 Soldaten, gefolgt von der Ukraine mit 2.300. 1.700 Soldaten der polnischen Armee – die ab September laut Pentagon-Planungen das Kommando über die „Stabilisierungstruppe“ übernehmen – sollen diese Woche im Irak eintreffen. Das US-Oberkommando hat ihnen einen „ruhigen“ Bereich südlich von Bagdad zugeteilt. Allerdings gab es letzten Freitag bereits einen ersten Mörserangriff auf den polnischen Standort, wo 300 Soldaten des Vorauskommandos lagern. Spanien stellt 1.200 Mann, die Niederlande 1.100. Der Rest der Truppe – finanziert mit 240 Millionen Dollar aus dem US-Budget – kommt aus Albanien, Aserbaidschan, Bulgarien, der Tschechei, Dänemark, der Dominikanischen Republik, Estland, El Salvador, Honduras, Japan, Kasachstan, Lettland, Litauen, der Mongolei, Nicaragua, Norwegen, Portugal, Rumänien, der Slowakei und Südkorea. Sogar die selbst bürgerkriegsgeschüttelten und instabilen Länder Mazedonien, Georgien und die Philippinen schicken ein symbolisches Kontingent von einigen Dutzend Soldaten. Ungarn ist schon jetzt ein Wackelkandidat: Sein Land behalte sich den Rückzug seiner 300 Soldaten vor, sollte es zu „kriegerischen Situationen“ kommen, erklärte der sozialistische Verteidigungsminister Ferenc Juhász angesichts besorgter Presseberichte. Auch über die Hälfte der Polen sind laut Meinungsumfragen mittlerweile gegen eine Stationierung ihrer Soldaten im Irak, nur ein Drittel unterstützt den Einsatz. „Polens Rolle ist es, den USA und Großbritannien ein Alibi zu verschaffen“, schrieb treffend die liberale Gazeta Wyborcza. Die Diskussion kreist inzwischen um ein neues UN-Mandat. Die Uno solle die Transformation des Iraks in einen demokratischen Staat überwachen, fordern die UN-Sicherheitsrats-Veto-Mächte Frankreich Rußland und China. Der russische Außenminister Igor Iwanow verlangte sogar eine „legitime, gewählte Regierung“ im Irak, die Installierung eines „Übergangsrates“ ohne Beschlußkompetenzen genüge nicht. Washington ist von einer derartigen Perspektive keineswegs begeistert, könnte doch das Engagement der Uno den USA die Federführung bei der weiteren Entwicklung im Irak kosten. Denn sollte diese den USA entwunden werden, wäre der ganze fragwürdige Krieg aus Sicht der USA umsonst geführt worden.

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