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Fest an der Seite Washingtons

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Etwa zweihundert polnische Soldaten sollen laut offiziellen Angaben am Irak-Krieg teilnehmen. Kürzlich in der Presse veröffentlichte Fotos, die die Angehörigen der Elitetruppe GROM (polnisch: Donner) in Siegerpose vor einem Saddam-Porträt und unter der US-Fahne bei Umm Kasr zeigten, offenbaren, daß „Amerikas trojanisches Pferd in Europa“ sich nicht nur auf die humanitäre Hilfe beschränkt. Deshalb wird die Warschauer Regierung nicht müde zu erklären, daß Polen nicht im Kriegszustand mit dem Irak sei. Manche Juristen und Oppositionspolitiker sind hingegen sogar der Meinung, die Republik Polen habe ohne Kriegserklärung angegriffen. Dazu kommt, laut Umfragen, daß fast 70 Prozent der Polen gegen den Kriegseinsatz ihrer Soldaten sind. Am Kriegsschauplatz soll es derzeit 56 GROM-Kommando-Soldaten geben, die, so Ministerpräsident Leszek Miller, „mehrere erfolgreiche Aktionen in der Küstenregion des Persischen Golfs“ durchgeführt hätten. Außerdem stünden weiterhin 74 Soldaten eines ABC-Abwehrregiments bereit – davon 53 Spezialisten, die jederzeit in der Lage wären, ins türkische Diyarbakir zu kommen, um einen „theoretischen“ Chemiewaffen-Angriff des Irak abzuwehren. „Wenn sich die Türkei an Polen wendet, dann würden wir als Nato-Alliierter jede Unterstützung geben“, erklärte Miller. Zusätzlich wurde kürzlich ein Abkommen über die Bekämpfung des Terrorismus geschlossen, das Miller während seines jüngsten Türkei-Besuches unterzeichnete. Das polnische Kriegsschiff „Kontradmiral Xawery Czernicki“ (mit 53 Mann Besatzung) leistet logistische Unterstützung für die angloamerikanischen Alliierten. Es nahm beispielsweise 120 US-Soldaten auf und setzte sie im Euphrat-Delta ab. Diese Beteiligung war zwar quasi nur ein „Hilfsdienst“, jedoch genug, um in politischen Kreisen und den Medien die Frage zu stellen, was denn nun die Staatsräson sei. Regierungschef Miller ist der Ansicht, die polnische Kriegsbeteiligung sei „durch die Solidarität mit Verbündeten gerechtfertigt“. Überdies dürfe die irakische Krise weder der EU schaden noch den Zusammenhalt des Nato-Bündnisses bedrohen. Millers exkommunistische Regierungsfraktion (Bündnis der demokratischen Linken/SLD), die mit 42,8 Prozent der Sitze im 460köpfigen Sejm keine eigene Mehrheit hat, unterstützt vorbehaltlos die Position der Regierung: Es sei kein Gegensatz, gleichzeitig ein Alliierter der USA zu sein und trotzdem für Europa einzutreten – was Spötter an das polnische Sprichwort erinnert, „ein demütiges Kalb saugt bei zwei Müttern“. Während der EU-Beitrittsverhandlungen telefonierte Miller immer wieder mit seinem deutschen Amtskollegen Gerhard Schröder. Doch Ende Januar „vergaß“ Miller aber dann, seinen Berliner Genossen aus der Sozialistischen Internationale zu benachrichtigen, daß er zusammen mit dem britischen Premier Tony Blair den „Brief der Acht“ unterschrieben hatte, der die Solidarität des „Neuen Europas“ mit den USA bekundete. Auch daß Polen nun anstatt europäische Gripen- oder Mirage 2000-Jäger lieber die teureren amerikanischen F-16-Flugzeuge kaufen wird, ist kein Zeichen für europäische Solidarität. Die gegenwärtige US-freundliche Außenpolitik der Warschauer Links-Regierung wird jedoch auch von einem Großteil der oppositionellen Rechten unterstützt. Beide Post-Solidarnosc-Parteien, die Bürgerplattform (PO) und die PiS (Recht und Gerechtigkeit), die zusammen knapp 22 Prozent der Parlamentsmandate innehaben, stimmten für eine Vorlage der Regierung zur Beteiligung der polnischen Soldaten am Golf-Krieg. Der PiS-Abgeordnete Marek Jurek erklärte im Namen seiner 43köpfigen Parlamentsfraktion, Staatsräson sei heutzutage, sich auf die Seite der USA, und nicht Rußlands oder Deutschlands zu stellen. Jurek drückte damit die in Polen weitverbreitete Überzeugung aus, die Unabhängigkeit des Landes wäre ohne Amerika nie möglich geworden, und nur dank der USA sei Polen jetzt in der Nato und nicht mehr unter russischer Vorherrschaft. Die Polnische Bauernpartei PSL (8,7 Prozent der Mandate), bis vor einigen Wochen noch Koalitionspartner der SLD, hatte sich bei der Irak-Abstimmung enthalten. Die PSL hält den Irak- Krieg für einen politischen Fehler, weil man die Iraker nicht kollektiv für die Verbrechen des Diktators Saddam Hussein verantwortlich machen könne. Einige PSL-Politiker zitieren gern Sätze des Papstes wie: „Der Krieg ist eine Bedrohung der Menschenheit.“ Doch die päpstlichen Rufe finden bei den meisten polnischen Politikern derzeit selten Gehör – obwohl das Berufen auf Autorität von Johannes Paul II. im katholischen Polen seit langem sehr populär ist. Lediglich die rechte katholisch-nationale „Liga der polnischen Familien“ (LPR, 6,1 Prozent der Parlamentssitze) lehnt den Irak-Krieg konsequent ab. Die LPR beklagt offen, die Welt und insbesondere die polnische Regierung seien taub für die Rufe des Papstes. Miller und Staatspräsident Aleksander Kwasniewski zitierten die Worte des Heiligen Vaters lediglich im Zusammenhang mit dem EU-Beitritt. Der LPR-Politiker Zygmunt Wrzodak warnte sogar davor, der Kriegs-Entschluß könne in Polen islamistische Terrorangriffe bewirken. Die Haltung zum Irak-Krieg hat die Teilung der politischen Bühne in das alte „Rechts-Links“-Schema aufgebrochen. Dies spiegelt auch die Haltung eines Ex-Solidarnosc-Dissidenten wieder, der nun Chefredakteur der größten polnischen Zeitung ist, der linksliberalen Gazeta Wyborcza. Adam Michnik wird inzwischen „Bellizismus“ und der „Verrat der Intellektuellen“ vorgeworfen. Die gegen Krieg protestierenden Danziger Linken skandierten unter dem Fenster der Wyborcza-Redaktion: „Gazeta Wojenna!“ („Kriegszeitung!“). Michnik kontert, die Rhetorik christlicher Fundamentalisten bei Bush habe ihn zwar irritiert, aber er werde den US-Präsidenten in seinem Kampf unterstützen. „Wir haben nicht aufgehört, die totalitären Versuchungen und Gefahren zu sehen. Heute jedoch ist die übergeordnete Gefahr die Praxis des Terrorismus der islamischen Fundamentalisten. Man kann nicht in der Politik George W. Bushs totalitäre Gefahren sehen und ein Verteidiger Saddam Husseins sein“, schrieb Michnik in einem Essay. Andrzej Lepper, Kriegsgegner, EU-Kritiker und Führer der linkspopulistichen bäuerlichen „Selbstverteidigung“ (Samoobrona/39 Abgeordnete), fragte vor Beginn des Irak-Feldzuges, was für ein Interesse Polen in diesem Krieg habe. Die Antwort stand noch vor Kriegsbeginn in der Londoner Financial Times: Polen bemühe sich in Washington darum, daß polnische Firmen nach dem Sturz des Saddam-Regimes lukrative Aufträge im Irak abbekommen. Immerhin haben polnische Firmen schon in den siebziger Jahren Kraftwerke im Irak errichtet. Außerdem drängt Polen auf die Rückzahlung der irakischen Schulden, die sich auf etwa eine Milliarde US-Dollar belaufen sollen. Desweiteren hofft die polnische Regierung, daß die US-Streitkräfte bei einem möglichen Abzug aus Deutschland nach Polen verlegt werden. Nicht grundlos: Während des Golfkrieges 1991 retteten polnische GROM-Soldaten das CIA-Personal aus Bagdad – kurz danach reduzierte sich die polnische Verschuldung gegenüber den USA auf die Hälfte. Die polnische Botschaft in Bagdad vertrat übrigens noch bis Februar die US-Interessen. Präsident Kwasniewski hofft auf ganz persönliche „Kriegsbeute“: Nach seinem Amtsende 2005 will der Ex-Kommunist Nato-Generalsekretär werden. Filiale der US-Citibank in Warschau: Seit 1999 in der Nato und nicht mehr unter russischer Vorherrschaft

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