Herr Siegerist, Sie haben schon zeitweise mit der Schill-Partei kooperiert. Welche Chance hat diese Partei ohne ihr Zugpferd? Siegerist: Auf Anhieb keine Chancen mehr. In Hamburg gibt es keine politische Figur, die auch nur annähernd über die Strahlkraft von Ronald Schill verfügt. Schills Nachfolger als Innensenator wurde ein Mann, der Journalisten auf Nachfrage als „Lebensziel“ zur Antwort gab: „die höhere Beamtenlaufbahn“. Den früheren Straßenkämpfer Joschka Fischer, an dem er sich politisch orientiert, hält er für „wertkonservativ“ – und im übrigen hat er seine politische Grundeinstellung als langjähriges Mitglied bei den Jusos und bei der SPD bekommen. Muß das weiter kommentiert werden? Schills Nachfolger als Zweiter Bürgermeister ist Mario Mettbach. Um sich bei seinen Wählern beliebt zu machen, weist er gern darauf hin, daß er aus einer „Zigeuner-Familie“ stammt. Für den ersten Mann einer „rechten“ Partei in der Tat unglaublich attraktiv. Hat Ole von Beust überhaupt eine Chance, bei den nächsten Wahlen eine bürgerliche Mehrheit zu gewinnen, wenn die Schill-Partei wegbricht? Siegerist: Ganz klar und deutlich: Nein. Nicht die geringste Chance. Tritt gegen von Beust bei der nächsten Wahl der immer noch beliebte Alt-Bürgermeister Henning Voscherau von der SPD an, landet die CDU in Hamburg wieder unter 30 Prozent. Welches Szenario erwarten Sie bis zur nächsten Wahl: Kommt Schill zurück, gründet er notfalls eine neue Formation? Siegerist: Leider ist Schill nicht voll kalkulierbar. Da gibt es oft Entscheidungen „aus dem Bauch heraus“, nicht aus dem Kopf. Er hat in Hamburg aber nach wie vor eine Anhängerschaft, mit der er erneut klar und deutlich die Fünf-Prozent-Hürde überspringen könnte. Daran zweifle ich keine Sekunde. Aber er benötigt dazu einen organisatorischen Partner. Früher wollten wir es gemeinsam mit den Deutschen Konservativen machen. Aber inzwischen hat er etliche Vorbehalte gegen uns und wir gegen ihn. Im Moment sehe ich da keine Brücke. Ich glaube allerdings, daß Schill einem erneuten Versuch macht. Richter will er nicht mehr werden – und als Frühpensionär eignet er sich nicht. Mag sein, daß es zwischen ihm und uns noch einmal eine Annäherung gibt. Im Moment sehe ich die aber nicht. Eine andere Frage: Weshalb sind Ihre Bemühungen gescheitert, das konservative „Deutschland-Magazin“ zu retten? Siegerist: Das Deutschland-Magazin war abenteuerlich überschuldet. Mit unfähigem Gefälligkeits-Personal liefen mehrjährige Verträge mit Spitzengehältern, die bezahlte Auflage war mit unter 3.000 Exemplaren im Keller, das Redaktionshaus eine verkommene Bretterbude. Schulden, Schulden, Schulden. All das hätte ich übernehmen müssen. Da wären wir selber bankrott gegangen. Zwischenzeitlich haben Sie als Alternative für die „Deutschland-Magazin“-Bezieher die „Konservative Deutsche Zeitung“ als Monatsblatt reaktiviert. Haben Sie damit das „Deutschland-Magazin“ aufgegeben? Siegerist: Schon nach der zweiten Ausgabe hatte die Konservative Deutsche Zeitung mehr Leser als das Deutschland-Magazin in seinen besten Zeiten. Die meisten Abonnenten des Deutschland-Magazins sind gern auf den neuen „Dampfer“ aufgesprungen. Gegenwärtig erscheinen wir nur alle zwei Monate. Im nächsten Jahr stellen wir auf monatliches Erscheinen um. Wir könnten uns dann selber Deutschland-Magazin nennen, haben die Namensrechte erworben und eintragen lassen. Aber warum sollten wir einen schon jetzt erfolgreichen Titel für einen „erledigten“ Titel aufgeben? Aus Respekt vor dem Lebenswerk des Deutschland-Magazin-Gründers Kurt Ziesel werden wir aber in jedem Fall den Untertitel „Deutschland-Magazin“ in unserem Zeitungskopf auf Seite eins festhalten. Joachim Siegerist , 56, langjähriger Springer-Journalist, ist Vorsitzender des Vereins „Die Deutschen Konservativen“ in Hamburg.
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