Auch wenn Prodi nicht um Zustimmung buhlen muß, möchte er diejenigen, die immerhin noch seine Wahlmänner wählen, nicht ganz im Unklaren über die Grundzüge seiner Politik lassen. Wichtig sei es zum Beispiel, so hat er jetzt in einer Rede vor dem Ausschuß der Regionen in Brüssel durchblicken lassen, daß man aufhöre, in Begriffen wie Kompetenz oder Subsidiarität zu denken, da sie überholt seien. Sein Sinn für die historische Gebundenheit von Argumenten täuscht ihn nicht: Was wir gemeinsam in Europa erreicht haben, war zu einem großen Teil nur möglich, weil wir an Visionen glaubten, die in eine andere Richtung wiesen. So war es sicherlich hilfreich, das Prinzip der Subsidiarität hochzuhalten, so lange den Menschen ein Abschied von ihrem Staat schwerfiel. Wenigstens für eine Weile wollten sie da noch das Gefühl haben dürfen, daß Brüssel nur das an sich ziehen würde, womit ihre Regierungen in eigener Regie nicht mehr klarkämen. Nun, da sie diese Hürde genommen haben, darf ihnen nicht mehr länger vorenthalten werden, daß die Praxis europäischer Politik nur nach dem genau entgegengesetzten Prinzip organisiert werden kann.
Unter Romano Prodi muß daher nicht befürchtet werden, daß die Regierungen der Mitgliedsstaaten arbeitslos würden: Sie sind und bleiben diejenigen, die die in Brüssel beschlossene Politik umsetzen und vor ihren Bevölkerungen rechtfertigen müssen. Es ist in ihrem eigenen Interesse, daß sie hierin nicht versagen: Der von Prodi angedeuteten Arbeitsteilung in Europa zufolge bleibt es ihnen vorbehalten, sich den Wählern zu stellen.