Während die Telenovela „Verliebt in Berlin“ – deren Schauplatz eine fiktive Modemarke namens „Kerima“ ist, die am Potsdamer Platz residiert – zum festen Bestandteil des vorabendlichen TV-Programms avanciert ist, hat sich die 2001 ins Leben gerufene alternative Modemesse „Bread & Butter“ zur größten Veranstaltung für sogenannte „Street Couture“ in ganz Europa entwickelt. Anders als das unwirkliche Modehaus „Kerima“ trifft sich die Modewelt der „Bread & Butter Berlin“ vom 22. bis 24. Juli 2005 an der städtebaulichen Peripherie, in den ehemaligen Siemens-Kabelwerken von Berlin-Spandau. Der Anfang wurde in Köln gemacht, wo der ehemalige Feinkosthändler Karl-Heinz Müller mit seinen Mitstreitern Kristyan Geyr und Wolfgang Ahlers eine Messe für Modemacher organisierte, die sich auf den konventionellen Modenschauen nicht mehr zuhause oder einfach deplaziert fühlten. Zugleich galt der Ort der Gründung als provokanter Akt gegenüber der bis dato unbestrittenen deutschen Modehauptstadt Düsseldorf. Provokanter Akt gegenüber der Modehauptstadt Düsseldorf Mittlerweile ist die „Bread & Butter“-Messe, die 2003 ihren Sitz nach Berlin verlagerte, zum ernsthaften Konkurrenten der CPD („Collections Premieren Düsseldorf“) geworden. Im vergangenen Jahr suchte man unter dem Motto „Berlingold“ an den Hauptstadt-Mythos der Goldenen Zwanziger anzuknüpfen, einer Zeit, da die Stadt schon einmal europäische Modemetropole war. Der Regierende Bürgermeister der Hauptstadt, Klaus Wowereit (SPD), bezeichnet die Entwicklung dieser Modemesse als „eine typische Berliner Erfolgsstory“. Wer sich an Wowereits peinliche Garderobe – „hellbeigen Anzug mit rosa Krawatte“ (Berliner Zeitung) – während seines letztjährigen Asienbesuches erinnert, mag sich fragen, warum er sich nicht hier hat beraten lassen. Dann hätte er seinen legendären Satz („und das ist auch gut so“) gern noch einmal wiederholen dürfen. Nichtsdestotrotz liegt der Regierende mit seiner Einschätzung richtig: Während man im ersten Jahr mit 60 Ausstellern begann, hat sich deren Zahl inzwischen mehr als verzehnfacht. Hinzugekommen ist auch eine europäische Standorterweiterung. Erstmals in diesem Jahr wurde die „Bread & Butter“, die zweimal jährlich stattfindet, auch in Barcelona ausgerichtet. Dementsprechend hat man sich diesmal für das Motto „Eurovision“ entschieden, das den internationalen Anspruch unterstreichen soll. Barcelona fungiert hierbei als Plattform der südeuropäischen Region, während Berlin vor allem Nordeuropa zusammenführen soll. Während man in Barcelona zwei Wochen zuvor 710 Aussteller zählte, rechnet man in Berlin mit über 550. Hier werden allerdings nur die Hälfte der Aussteller von Barcelona präsent sein. Die übrigen sind erfreulicherweise neue Namen. Tummelten sich anfangs vor allem Nischenanbieter und Streetwear-Spezialisten auf der Messe, so präsentieren sich nun auch die großen und teuren Modehäuser: René Lezard, Hugo Boss, Strellson, Cinque, Joop! oder auch die skandinavischen Marken Noa Noa, Tiger of Sweden und Day Birger et Mikkelsen, um nur einige zu nennen. Über Dreiviertel der Aussteller (etwa 85 Prozent) kommen aus dem Ausland. Entsprechend ist auch der Besucherstrom. Gut 50 Prozent der 40.000 erwarteten Fachbesucher kommen aus dem Ausland. Gleichwohl ist „Bread & Butter Berlin“ keine Messe im klassischen Sinn. Ihr überaus exklusiver Charakter zeichnet sich vornehmlich dadurch aus, daß die Geschäftsführer Müller & Co. nur diejenigen hereinlassen, die in das Konzept passen. Unvergleichliches Maß an Vitalität und Urbanität Wichtiger Bezugspunkt ist dabei das Bild der deutschen Hauptstadt: „Berlin“, so heißt es im Selbstverständnis, „steht für die Freiheit“. Es sei „open-minded, multikulturell, kosmopolitisch, sexy und […] ständig in Bewegung“. Von außen betrachtet klingt das zweifellos ein wenig phrasenhaft und ideologisch überfrachtet. Aber aus Sicht der Kreativen, die in der deutschen Metropole ein unvergleichliches Maß an Vitalität und Urbanität entfalten, mag das stimmig sein. Ein Verweis auf die Protagonistin der Telenovela „Verliebt in Berlin“ mag dabei allegorisch für den Wandlungsprozeß der Stadt stehen. So wie die Sekretärin Lisa Plenske sich vom häßlichen Entlein zum schönen Schwan entwickelt, schickt sich vielleicht auch die deutsche Hauptstadt an, ihre jahrzehntelange Statistenrolle abzustreifen und wieder international bedeutsame Mode-Metropole zu werden.